Geldpolitik vor Geopolitik
Die Ukrainer rücken jüngst an vielen Frontabschnitten vor. Der Eindruck trügt nicht: Die konventionelle Militärkräfte Russlands sind den ukrainischen Verteidigern mit den moderneren NATO-Waffen unterlegen. Das russische Waffenmaterial ist wenig effizient und größtenteils veraltet. Auch die Logistik der Russen ist nicht dafür ausgelegt, einen umfassenden Großkrieg zu führen.
Am 24. Februar 2022 sind russische Truppen völkerrechtswidrig in die Ukraine einmarschiert. Den Menschen in der Ukraine wurde und wird entsetzliches Leid angetan und tausende Menschen sind bereits einen sinnlosen Tod gestorben. Mich beeindruckt der Heldenmut, mit dem die Ukrainer ihr Vaterland gegen den verbrecherischen Aggressor verteidigen zutiefst und wir müssen uns jeden Tag vergegenwärtigen, dass die tapferen Ukrainer auch unsere Freiheit, die wir doch über alles lieben, verteidigen.
Der Krieg hat viele wirtschaftliche Dinge für uns auf den Kopf gestellt. Gerade die hohe Abhängigkeit Deutschlands von russischen Energielieferungen (insbesondere Gas) erweist sich als fatal. Wir sind nun gezwungen diese sträfliche Missachtung einer sorgfältig aufgebauten und ausgewogenen Energieversorgung (ohne extreme Abhängigkeiten) zu korrigieren. Und siehe da, dies scheint uns zu gelingen. Natürlich ist der Anpassungsprozess schmerzlich und die Energiekrise beschäftigt und fordert Unternehmen und Privathaushalte gleichermaßen. Bei aller Kritik und Unzufriedenheit dürfen wir nicht vergessen, dass es uns zum Beispiel gelungen ist, die Gasspeicher bereits jetzt zu füllen. Und wir (Unternehmen und Privathaushalte) haben seit Januar jeden einzelnen Monat weniger Gas als im Vorjahr verbraucht.
Wir erleben im bisherigen Jahresverlauf ein schwaches und schwieriges Börsenjahr und viel Hoffnung auf eine aktuell grundlegende Wende zum Besseren – mein Kollege Hans Heimburger geht in unserem Wochenbericht in die Details – besteht nicht. Dies nun nur am Ukrainekonflikt festmachen zu wollen, wäre deutlich zu kurz gesprungen. Wir erleben in 2022 den schnellsten Zinsanstieg in der Nachkriegsgeschichte und dies ist der Hauptgrund für die Kurskorrektur an den Aktienmärkten. Dass der Zinsanstieg dem ausufernden Inflationsanstieg folgt, ist selbstredend. Auch die Preissteigerungen sind nur zu einem Teil mit dem Krieg in der Ukraine begründbar. Eine tiefere Diskussion würde an dieser Stelle den Rahmen sprengen.
Mein Fazit: Die Börsenrelevanz des Ukrainekriegs hält sich in konkreten Grenzen. Die Preise für Aktien oder auch Rohöl werden nicht auf dem Schlachtfeld gemacht. Sogar die Gaspreise laufen seit einigen Monaten südwärts. Interessant ist in diesem Zusammenhang übrigens auch, dass die die Sabotageakte an einigen Nord Stream-Röhren ohne echte (nachhaltige) Auswirkung auf den europäischen Gaspreis war. Auch dieses Beispiel zeigt, Krieg oder Geopolitik sind nur temporär ein echter Börsenfaktor.
Thomas Boldt und das gesamte Team von Gies & Heimburger wünschen Ihnen ein entspanntes Wochenende.