Heute morgen hatte ich Gelegenheit, gemeinsam mit meinem Kollegen Hans Heimburger in Frankfurt einen zweistündigen Vortrag von Pierre-Yves Bareau über die Entwicklung des Anleihenmarktes in den Emerging Markets (den aufstrebenden Schwellenländern) zu hören. Pierre-Yves Bareau ist CIO (Chief-Investment-Officer = der oberste Entscheidungsträger für die Investments) bei JP Morgan im Bereich der Emerging Markets Depts (Anleihen in den aufstrebenden Schwellenländern)und seit 25 Jahren mit diesem Anlagesegment befasst.
Die tiefe Kenntnis des Redners über Zusammenhänge, Entwicklungen und Details der Anleihenmärkte in den Schwellenländern überraschte mich und etwa zehn weitere Zuhörer von Minute zu Minute immer mehr. Wir bereisten gedanklich fast die halbe Welt und erhielten detaillierte Auskünfte auch über die Verhältnisse in exotischen Ländern wie Peru, Iraq, Sri Lanka, Panama und natürlich auch über die größeren Märkte wie die Türkei, Brasilien, Indien, China, Russland und Singapur.
Drei Gruppen von Anleihen sind zu unterscheiden
Der Markt der “Emerging Market Debts” gliedert sich in drei große Gruppen:
- Staatsanleihen in jeweils lokaler Währung
- Staatsanleihen in USD
- Unternehmensanleihen in USD
Jede dieser drei Gruppen weist ihre Besonderheiten auf, die natürlich von Land zu Land zu unterschiedlichen Empfehlungen führen.
Staatsanleihen in lokaler Währung
Die Staatsanleihen in lokaler Währung bieten neben dem Zinsertrag noch Chancen auf eine Aufwertung der jeweiligen Währung, wobei als große Linie ein weiterer Trend zu Aufwertungen der EM-Währungen gegenüber den DM-Währungen (Währungen der “Developped Markets”, also der bereits entwickelten Industrieländer) zu erwarten ist.
Staatsanleihen in USD
Die Staatsanleihen in USD bieten höhere Zinsen als die Anleihen z.B. der USA und Deutschland, wobei das Rating mit BBB- bereits heute auf Investmentgrade-Niveau liegt mit einer seit Jahren andauernden Entwicklung zu noch besseren Ratings. Im Übrigen liegt das durchschnittliche Rating der Local-Currency-Bonds der gleichen Länder zwei Stufen höher auf BBB+, was zunächst überrascht. Die Erklärung ist jedoch, dass das Ausfallrisiko bei Anleihen in lokaler Währung geringer ist als bei USD-Anleihen der gleichen EM-Staaten. Die Rückzahlung in lokaler, landeseigener Währung kann notfalls durch “Gelddrucken” gesichert werden, die Rückzahlung in USD jedoch nur, wenn sich der Staat diese aus seinem Blickwinkel fremde Währung zuvor am freien Markt einkauft.
Unternehmensanleihen in USD
Unternehmensanleihen (auch “Corporates” genannt) in USD bieten ebenfalls hohe Zinsen, wobei das Rating der EM-Corporates mit durchschnittlich BBB sogar noch über dem Rating von Staatsanleihen in USD liegt.
Wirtschaftswachstum in den EM liegt höher als in den Industrieländern
Das Wirtschaftswachstum in den Industrieländern Deutschland, Japan, Frankreich, Großbritannien und den USA wird auch für die kommenden Monate auf einem deutlich niedrigeren Niveau erwartet als in den Schwellenländern Thailand, den Philippinen, Indonesien, Indien und China. Die Grafik zeigt die Unterschiede deutlich auf: 1 bis 3 % in den “Advanced” (den entwickelten Industrieländern) und 4 bis 9 % in den “Emerging” (den sich noch entwickelnden Ländern). Dies führt zu einer raschen Volumenausweitung der Anleihen in diesen Ländern und gleichzeitig zu einer (weiteren) Bonitätsverbesserung.
Das Wirtschaftswachstum in den aufstrebenden Ländern von Lateinamerika und Asien (Emerging Markets) liegt auch künftig deutlich über der Wachstumsrate der Industrieländer (Advanced). Dies verbessert die Bonität dieser Länder und deren Anleihen weiterhin.
Staatsverschuldung in den EM liegt niedriger als in den Industrieländern
Die Staatsverschuldung in den EM lag im Jahr 2001 bereits niedriger als in den Industrieländern und nahm seitdem weiter ab. Im Gegensatz dazu stieg die Verschuldung der Industrieländer, so dass wir heute in den Industrieländern im Durchschnitt bei einer Staatsschuldenquote von etwa 110 % des BIP liegen, in den Emerging Markets jedoch nur bei 25 %. Bis zum jahr 2016 wird die Verschuldung der EM weiter abnehmen. Damit sind diese Länder sehr viel eher in der Lage, ihre Staatsschulden zuverlässig zu bedienen, insbesondere, wenn man deren Währungsreserven mit berücksichtigt.
Das jährliche Defizit im Staatshaushalt (“Fiscal Balance”) liegt bei den Industrieländern im Durchschnitt bei Minus 5 %, in den Emerging Markets jedoch im Durchschnitt bei weniger als Minus 2 %.
Mit ihrer niedrigen Schuldenquote (deutlich unter 60 %) und dem geringen Haushaltsdefizit (unter 2 %) würden die EM-Staaten die so oft zitierten Maastricht-Kriterien, deren Einhaltung sich alle Euro-Länder zu Beginn der Europäischen Währungsunion geschworen haben, mit Bravour erfüllen, die Industrieländer jedoch nicht.
Das jährliche Haushaltsdefizit in zahlreichen Ländern aus der Gruppe der Emerging Markets ist deutlich niedriger als bei den entwickelten Industrieländern. Damit ist deren Schuldentragfähigkeit auch weiterhin positiv.
Emerging Markets Depts sind Bestandteil der 3ik-Strategiefonds
Für die kommenden Monate erwarten wir weiterhin eine positive Wertentwicklung im Bereich der EM-Depts. Die drei 3ik-Strategiefonds werden deswegen mit einem zunehmenden Anteil von Anleihen aus diesem Anlagesegment bestückt.