Die Akademie für Sozialwissenschaften, die als Denkfabrik für die chinesische Regierung angesehen wird, sagt für das Jahr 2013 wieder eine Steigerung des Wirtschaftswachstums voraus. Für das jetzt ablaufende Jahr rechnet der stellvertretende Akademie-Chef Li Xuesong mit einem Wachstum von 7,7 %. Für 2013 rechnet Li Xuesong mit 8,2 % Wachstum, womit China einmal mehr an der Spitze aller großen Wirtschaftsnationen steht.
Risiken aus Europa und den USA
Als Risiko, das auch die wirtschaftliche Entwicklung in China beeinträchtigen würde, sieht die Akademie eine Eskalation der Schuldenkrise in Europa und den anhaltenden Streit in den USA, wie das sogenannte “FiscalCliff” überwunden werden kann. Wenn die politischen Parteien in den USA, die sich mit scheinbar festgezurrten Standpunkten gegenseitig blockieren, zu keiner Einigung finden, werden in den USA per 1.1.2013 massive Steuererhöhungen und gleichzeitig ebenso drastische Sparmaßnahmen in Kraft treten, die schon vor Jahren mit Wirkung zu Jahresbeginn 2013 beschlossen wurden. Beide Maßnahmen zusammen würden das Wirtschaftswachstum in den USA massiv beeinträchtigen, was dann auch Auswirkungen auf die chinesischen Exporte hätte.
Große Firmen wachsen schneller als kleine Unternehmen
Der Turnaround des Wirtschaftswachstums wird derzeit noch ausschließlich von den “Large Caps” (den großen Unternehmen) gestützt. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die großen (Staats-) Unternehmen deutlich mehr von den Aufträgen für große Infrastrukturmaßnahmen profitieren als die kleinen Unternehmen. Die viel für den Export produzierenden mittleren und kleinen Unternehmen leiden offensichtlich am Rückgang der Exporte in die USA und auch nach Europa, und der Binnenmarkt ist noch nicht so angesprungen wie dies die chinesische Politik anstrebt.
Der chinesischen Führung stehen jedoch – im Gegensatz zu den sehr eingeschränkten Spielräumen in den USA und Europa – deutlich mehr Reserven zur Verfügung, auch den Konsum im Inland zu fördern, was je bekanntlich das unmißverständlich definierte Ziel im aktuell gültigen Fünfjahresplan ist.
Central Economic Work Conference setzt die Prioritäten für das kommende Jahr fest
Die jeweils zum Jahresende stattfindende Central Economic Work Conference, in der die politische Führung in China die Prioritäten der Wirtschaftspolitik für das jeweils folgende Jahr festsetzt, wird gemäß der Erwartung zahlreicher China-Beobachter weitere Maßnahmen zur Stimulierung der wirtschaftlichen Entwicklung beschließen.
Die Steuerung der Wirtschaft im Zeitraum von 2000 bis 2010 wechselte zwischen “proactive” (initiativ) und “prudent” (vorsichtig). Für die kommenden Monate erwarten die Beobachter eine vorsichtige Geldpolitik und eine proaktive, also stimulierende, Fiskalpolitik. Dies bedeutet, dass die verfügbare Geldmenge weiterhin vorsichtig kontrolliert wird, bestimmte Maßnahmen jedoch aktiv unterstützt werden. Dazu zählen derzeit vor allem Maßnahmen zum Ausbau der Infrastruktur.
Inflation in China wird im Januar steigen und sodann wieder fallen
Das chinesische Neujahrsfest, das sich nicht nach dem hierzulande üblichen Kalender richtet, wird in diesem Jahr in den Januar fallen. Üblicherweise ziehen die Nahrungsmittelpreise im Rahmen der Fest-Aktivitäten stark an. Dies wird dazu führen, dass die im Februar veröffentlichte Inflationsrate bis zu 4 % hochschnellen kann, was allerdings keine generelle Trendwende bedeutet. Im Folgemonat dürfte wieder eine moderate Inflationsrate veröffentlicht werden.
Kommentar:
Der Fokus auf kurzfristige Veränderungen diverser Kennzahlen führt dazu, dass immer häufiger falsche Alarme ausgelöst werden. Insbesondere die in den USA übliche Gepflogenheit, Änderungen einer Monats- oder Quartalszahl gleich auf das ganze Jahr (“jährliche Veränderung”) hochzurechnen, führt zu völlig sinnlosen Prognosen und Verunsicherungen. Wir müssen wieder auf eine ausgewogene Interpretation der verfügbaren Daten zur Entwicklung der Wirtschaft zurückkommen.