Griechenland braucht eine Veränderung seiner Denkweise

Geposted von Walter Feil am

Das  Wahlergebnis in  Griechenland wurde von den Börsen am Montag zunächst mit einer kleinen Erleichterungs-Rally gefeiert. Bis Börsenschluss war davon allerdings nichts mehr verblieben: in Europa gaben die Börsen ihre Anfangsgewinne komplett wieder ab. Der EuroStoxx notierte am Abend tiefer als am Freitag vor der Wahl, in Deutschland notierten Dax und MidDax etwa auf dem Niveau der Schlusskurse vom Freitag vor der Wahl.

Am grundsätzlichen Problem hat sich durch die Wahl noch nichts geändert

Das Ergebnis der Wahl in Griechenland hat am grundsätzlichen Problem nichts verändert: die Ausgaben sind nach wie vor höher als die Einnahmen. Die Ausgaben sind sogar dann höher als die Einnahmen, wenn man die Zinszahlungen für die hohen Schulden Griechenlands außer Betracht lässt. Dieses “Primärdefizit” (Unterdeckung des Staatshaushaltes ohne Berücksichtigung der Zinszahlungen) beläuft sich derzeit auf rund 1 % des BIP.

 

Die Ausgaben des griechischen Staates sind auch ohne Berücksichtigung der Zinszahlungen höher als die Einnahmen.

 

Griechenland war bisher sehr großzügig mit seinen Staatsausgaben

Seit Beginn der öffentlichen Diskussion über die ausufernden Staatsschulden in Griechenland wurden viele Einzelheiten veröffentlicht, die in ihrer Gesamtheit das Bild eines außergewöhnlich großzügigen Staates zeichnen.

  • im Vergleich zu anderen Staaten extrem viele Beamte, die die Staatskasse belasten
  • Staatsbetriebe, deren Verluste höher sind als der gesamte Umsatz
  • üppige Pensionen, die durch eine für uns unverständliche Anhebung der Bezüge von Beamten und Angestellten des öffentlichen Dienstes im letzten Dienstmonat zugunsten einer lebenslang höheren Versorgung noch einmal deutlich erhöht wurden
  • Rentenzahlungen auf Konten von Personen, die schon seit vielen Jahren nicht mehr leben
  • Milliarden an ausstehenden Steuerforderungen, die nicht eingefordert werden

Dazu kommen großzügige Förderungen von Infrastrukturmaßnahmen, (z.B. Straßen und Brücken, die nicht wirklich notwendig waren), Zuschüsse für den Bau von Solarkraftwerken (50 % der Gestehungskosten als verlorener Zuschuss), … Die Zahlungen aus dem EU-Strukturfonds nach Griechenland zwischen 1981 und 2006 beliefen sich auf rund 52 Milliarden Euro.

Die Euro-Länder haben diesen großzügige Ausgaben-Politik stillschweigend toleriert

Den Ländern des Euro-Verbundes ist diese großzügige Ausgabenpolitik Griechenlands ganz bestimmt nicht verborgen geblieben. Kein Land und kein Gremium der Euro-Länder hat jedoch rechtzeitig darauf hingewiesen, und niemand fühlte sich veranlasst, rechtzeitig wirksame Maßnahmen einzuleiten, dieser Entwicklung mit den heute sichtbaren fatalen Folgen rechtzeitig Einhalt zu gebieten.

 

Kommentar:

Griechenland braucht jetzt vor allem eine Veränderung seiner Denkweise

Wenn der Staatshaushalt von Griechenland nachhaltig saniert werden soll, ist meiner Auffassung nach zunächst einmal eine Veränderung der Denkweise erforderlich. Die politische Führung muss – ähnlich wie dies in Irland zu beobachten war – die jetzige Situation vor allem als ein Problem des eigenen Landes definieren, das durch die verschwenderische Ausgabenpolitik in diesem Land entstand. Wenn innerhalb der gesamten Euro-Gemeinschaft erkennbar wird, dass die politische Führung Griechenlands mit Nachdruck daran arbeit, diese Großzügigkeit abzubauen, wird die Bereitschaft zur Hilfe von außen zunehmen. 

Eine Veränderung der Denk- und Handlungsweise ist auch auf Ebene der Bürger und Unternehmen dieses Landes, die innerhalb und außerhalb Griechenlands steuerpflichtige Einnahmen erzielen, in Zusammenhang mit der Einhaltung der gültigen Steuergesetze erforderlich. Die bisher in zahlreichen Veröffentlichungen dokumentierte sehr freie Interpretation des Steuerrechtes durch griechische Bürger und Unternehmen muss sich verändern, so dass sich der aus eigener Kraft erreichbare Beitrag zur Sanierung des Staatshaushaltes vergrößert. Das würde vermeiden, dass die bereits deutlich erkennbaren Widerstände in den Reihen der zur externen Hilfe aufgeforderten Bürger der anderen Euroländer nicht noch mehr wachsen. 

Walter Feil ist Leiter der Niederlassung Bühl der Gies & Heimburger GmbH und Leiter des Investment-Research.