Italien gewinnt – Frankreich verliert

Geposted von Walter Feil am

Seit dem Euro-Gipfel in Brüssel in der vorigen Woche ist in der Berichterstattung über die weitere Entwicklung in den Euro-Ländern Italien und Frankreich ein neuer Trend auszumachen. Der Austausch zwischen Mario Monti, dem Premierminister Italiens, mit Angela Merkel, der deutschen Bundeskanzlerin, verstärkt sich, wogegen der früher sehr enge Kontakt zwischen dem französischen Präsidenten Sarkozy nach Übergang des Amtes auf den neuen Präsidenten Francois Hollande abnahm.

Italien will Sparmaßnahmen umsetzen

Heute wurden konkrete Zahlen zur Sanierung des italienischen Staatshaushaltes veröffentlicht:

Monti will 10 Milliarden Euro im Haushalt einsparen. Dazu sollen u.A. 10 % der Arbeitsplätze im öffentlichen Dienst gestrichen werden, bei den Führungskräften sogar 20 %. (Hier sei einmal die kritische Frage erlaubt, wie künftig bei sicherlich tendenziell nicht abnehmenden Staatsaufgaben die notwendige Leistung von künftig 90 % der Belegschaft erbracht werden kann. War die Anzahl der aus öffentlichen Kassen bezahlten Mitarbeiter bisher vielleicht höher als erforderlich? Kann die Behördenführung künftig auch von nur noch 80 % der heutigen Anzahl von Führungskräften erbracht werden?)

40 Milliarden sollen aus dem Verkauf von Staats-Immobilien in die Staatskasse fließen. Der Gesamtwert der im Staatsbesitz befindlichen Immobilien wird vom italienischen Wirtschaftsministerium mit 368 Milliarden Euro angegeben, wovon allerdings viele, die als Ministerien, Polizeireiviere und Gefängnisse genutzt werden, als unverkäuflich gelten.

Frankreich will Steuern für Reiche erhöhen

Bereits gestern wurden aus Frankreich Einzelheiten gemeldet, wie das Staatsdefizit durch Erhöhung der Steuereinnahmen gesenkt werden soll.

Der Steuersatz soll auf 45 % angehoben werden. Für Einkommen über eine Million Euro soll der Steuersatz auf 75 % angehoben werden. Dazu sind zusätzliche Einnahmen aus der Vermögensteuer und der Erbschaftsteuer geplant, was in beiden Steuerarten eine Erhöhung der Steuersätze und / oder eine Ausweitung der Bemessungsgrundlage erfordern würde.

Wahlversprechen können nicht eingehalten werden. Bereits wenige Wochen nach der Wahl wird klar, dass zahlreiche Punkte der vor der kürzlichen Wahl gegebenen Versprechen nicht umgesetzt werden können. Angesichts leerer Kassen und mit einer sinkenden Wirtschaftsleistung weiter abbröckelnden Staatseinnahmen stehen die Finanzmittel hierfür nicht zur Verfügung. Gemäß dem am Montag dieser Woche veröffentlichten Bericht des Rechnungshofes muss Frankreich in diesem und im nächsten Jahr 40 Milliarden Euro einsparen, um die internationalen Ziele der künftig geringeren Neuverschuldung zu erreichen.

Die Bedeutung der deutsch – italienischen Beziehungen nimmt zu

“Merkel und Monti sind das neue Führungsduo” lautet die Headline im heutigenHandelsblatt über einem Kommentar, den die in Mailand ansässigen Korrespondentin verfasst hat. Katharina Kort weist darauf hin, dass die beiden Länder sich viel näher stehen als auf den ersten Blick erkennbar ist – und dass sie einander brauchen. Das erscheint verständlich, nachdem die deutsche Kanzlerin mit dem Regierungswechsel in Frankreich einen vertrauten Gesprächspartner verloren hat. Damit sucht und findet sie eine Vertiefung des Meinungsaustausches mit Italien, das für Deutschland nach wie vor einer der wichtigsten Handelspartner ist.

Kommentar:
Irgendwie verbinde ich mit Italien immer noch die Vorstellung eines “Dolce Vita” (Das süsse Leben) und mit unserem direkten westlichen Nachbarland die Vorstellung eines Lebens “wie Gott in Frankreich”. Hängt das vielleicht damit zusammen, dass beide Länder – jedes auf seine Art – viele Jahre lang einen “angenehmen Lebensstil” kultiviert haben? Sollte sich das jetzt auf einmal ändern und in Richtung “deutsche Disziplin” entwickeln? Leider sind wir jetzt in einem wirtschaftlichen Umfeld, in dem wir uns mehr um Sparsamkeit, effiziente Strukturen des Arbeitsmarktes und Steigerung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit sorgen müssen als um die Frage, wie wir uns das Leben noch ein bißchen “süsser” oder “göttlicher” gestalten können. Jedes Gespräch zwischen den politischen Entscheidungsträgern, das dazu beiträgt, verlorenes Vertrauen wieder aufzubauen und gemeinsam nach konstruktiven Lösungen zu suchen, ist hier zu begrüßen.

 

Walter Feil ist Leiter der Niederlassung Bühl der Gies & Heimburger GmbH und Leiter des Investment-Research.