Nahezu täglich lesen wir Beiträge über die problematische Situation der Wirtschaft in Spanien. Regelmäßig sind diese Berichte mit dem Hinweis versehen, dass die Jugendarbeitslosigkeit in Spanien bei katastrophalen 50 % liegt.
Meinen kurzen Besuch bei einem Kollegen in Spanien Anfang August habe ich auch mit dem Besuch der Fußgängerzonen in spanischen Städten verbunden. Zunächst fiel mir die gähnende Leere auf: Fast niemand in den Straßen. Natürlich: In Spanien beginnt das Leben in den Städten nicht am frühen Vormittag. Gegen Mittag belebte sich das Straßenbild zusehends, dann folgte die traditionelle Siesta, und am Abend bis tief in die Nacht waren die Straßen richtig belebt. Volle Einkaufsstraßen, viele Passanten mit Einkaufstüten, in den Gaststätten kaum ein Platz frei. Und ein großer Anteil von jungen Menschen, die ich dort nicht mit dieser Präsenz erwartet hatte. Arbeitslose tragen nicht immer volle Einkaufstüten, und sie verbringen ihre Zeit auch nicht immer in Bistros und Gaststätten.
50 % Jugendarbeitslosigkeit sind schon richtig – aber was ist die Bezugsgröße?
Die jüngste “Weekly Focus” der UniCredit verweist auf eine Studie vom Peterson Institute for International Economics. Darin finden wir den Schlüssel zum Verständnis der für uns erschreckend hohen Quote der Jugendarbeitslosigkeit in Spanien. Wir meinen zunächst, dass 50 % der Altersgruppe zwischen 15 und 24 Jahren von Arbeitslosigkeit betroffen sind. Die Studie von Jacob Kirkegaard weist jedoch darauf hin, dass ein Großteil der jungen Menschen noch zur Schule geht und damit nicht zur Erwerbsbevölkerung gezählt wird. Wenn somit in Spanien und Griechenland 70 % der Altersgruppe der 15- bis 24jährigen noch in der Ausbildung befinden, zählen nur 30 % zu den Arbeitssuchenden. Das wäre dann auch die Bezugsgröße für “50 % Jugendarbeitslosigkeit”.
50 % Jugendarbeitslosigkeit entsprechen 15 % der Gesamtzahl der Jugendlichen
Wenn nur 30 % der Bezugsgruppe tatsächlich zu den Arbeitssuchenden gezählt werden kann, dann entsprechen die immer wieder zitierten “50 % Jugendarbeitslosigkeit” in Spanien 15 % dieser Altersgruppe. Die 70 %, die noch in der Ausbildung (Schule, Studium, …) sind, zählen nicht dazu.
Damit passt auch wieder das Bild, das ich z.B. in Malaga wahrnahm, mit der Statistik zusammen. Das abendliche und nächtliche Straßenleben unterschied sich nicht so dramatisch vom Straßenbild in Freiburg oder Heidelberg.
Link zur Studie des Peterson Institue for International Economics (englisch)