Am Dienstag, den 3. Dezember 2013 durchsuchten 270 Steuerfahnder an 40 Standorten die Geschäftsräume der Commerzbank. Sie suchten nach Beweisen für einen angeblich groß aufgezogenen Steuerbetrug in Zusammenhang mit Lebensversicherungen, die die Commerzbank für den italienischen Versicherer „Generali“ vermittelt hatte.
Die Staatsanwaltschaft hegt den Verdacht, dass diese Verträge die Voraussetzungen für die Einstufung als steuerbegünstigte Versicherung nicht erfüllen, sondern in Wirklichkeit eine „verschleierte Vermögensverwaltung“ seien. Dann wären die Erträge hieraus genauso zu versteuern wie die Erträge auf einem marktüblichen Depot. Im Visier der Steuerfahnder sind angeblich etwa 200 Kunden, die Verträge über mindestens 500.000 Euro, in vielen Fällen auch mit deutlich größeren Anlagesummen, abgeschlossen haben.
Flächendeckendes Problem mit dem „Versicherungsmantel“
Der Verdacht, der sich jetzt gegen die Kunden einer in Irland ansässigen Tochter der italienischen „Generali“ richtet, ist nicht grundsätzlich neu. Zum 1.1.2005 wurden zeitgleich mit Inkrafttreten des Alterseinkünftegesetzes auch die die Vorgaben zur Gestaltung von steuerbegünstigten Versicherungen angepasst. Im Gegensatz zu früher sind seit Anfang 2005 auch eine Einmalzahlung zu Vertragsbeginn und während der Vertragsdauer sogar beliebige Zuzahlungen möglich, ohne die grundsätzliche Steuerbegünstigung des Vertrages zu gefährden.
Einige Marktteilnehmer nutzten die neuen Freiheiten bei der Gestaltung von Versicherungsverträgen jedoch umfassender als vom Gesetzgeber vorgesehen. In Zusammenarbeit zwischen Banken und Versicherungsunternehmen wurden zahlreiche Depots, die bisher im Auftrag des Depotinhabers verwaltet wurden, als „Versicherung“ umgestaltet. Hierzu schloss der bisherige Depotinhaber einen „Versicherungsvertrag“ ab. Als Depotinhaber fungierte fortan ein Versicherungsunternehmen. Die Bank führte das Depot jedoch weiterhin und setzte die Vermögensverwaltung wie bisher fort. Der Kunde war der Auffassung, er hätte seine Vermögenswerte in einen steuerbegünstigten Versicherungsvertrag eingebracht und unterließ gemäß dieser Einschätzung die Erklärung der Erträge aus diesen Vermögenswerten.
Diese Art der Gestaltung nannte man häufig „Versicherungsmantel“ oder „Insurance Wrapper“. Dies definiert den Vorgang, dass die Vermögenswerte des Kunden von der Versicherung „ummantelt“ wurden. Die Steuerverwaltung reagierte auf diese Verfahrensweise mit etwas Verzögerung, sodann aber recht deutlich: So geht es nicht! Solche Verträge erfüllen nicht die Merkmale, die das Steuerrecht fordert, um eine Versicherung als steuerbegünstigt im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG einzustufen.
Eine steuerbegünstigte Versicherung ist klar definiert
Eigentlich sollte es nicht so schwer sein, die Vorgaben für einen steuerbegünstigten Versicherungsvertrag zu erfüllen. Das BMF (Bundesministerium für Finanzen) hat mit seinem BMF-Schreiben vom 22. Dezember 2005 (IV C 1 – S 2252 – 337/05) die Bedingungen und Gestaltungsvorgaben in 97 Textziffern auf 24 Seiten ausführlich erläutert. Die wesentlichen Punkte sind:
- Der Anbieter muss ein Versicherungsunternehmen sein.
Dies ist ein Unternehmen, das die Lizenz zum Geschäftsbetrieb als „Versicherer“ besitzt. - Der Vertrag muss die Abdeckung eines wirtschaftlichen Risikos beinhalten.
Dies kann die Leistung einer Rente bei Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit, die einmalige Leistung nach Tod des Versicherten oder eine lebenslange Rentenleistung für den Versicherten sein. Diese Art von Risiken bezeichnet man häufig auch als „biometrische“ Risiken.
Begünstigt sind gleichermaßen konventionelle Lebens- und Rentenversicherungen, bei denen das Versicherungsunternehmen über die Art der Vermögensanlage entscheidet, als auch fondsgebundene Versicherungen, bei denen der Versicherungsnehmer über die Auswahl der Fonds zur Anlage seines Versicherungsvermögens entscheidet.
Zu freie Auslegung führt zur Aberkennung der Steuerbegünstigung
Die neuen Freiheiten bei der Gestaltung von fondsgebundenen Versicherungen wurden von einigen Marktteilnehmern wohl etwas zu locker interpretiert. Insbesondere Kunden mit hohen Vermögenswerten folgten gerne der Empfehlung, ihr bisher einer Vermögensverwaltung unterliegendes Depot in einen „Versicherungsmantel“ zu überführen. Vermutlich entsprach das Geschäftsinteresse der Bank oder des Vermögensverwalters, das Mandat zur individuellen Vermögensverwaltung sodann für den „Versicherungsmantel“ unverändert fortzusetzen, häufig auch dem Interesse des Kunden. Diese Gestaltung entspricht aber nicht den Vorstellungen des Gesetzgebers.
Das BMF-Schreiben vom 22. Dezember 2005 wurde deswegen am 1. Oktober 2009 um die Textziffern 34a bis 34m ergänzt und unter Zeichen IV C 1 – S 2252/07/001 neu veröffentlicht. In diesen Ergänzungen kommt unmissverständlich zum Ausdruck, dass die seinerzeit verbreitete Praxis, Vermögenswerte in ansonsten unveränderter Art mit einem „Versicherungsmantel“ zu umhüllen, nicht ausreicht, aus einem steuerpflichtigen Depot einen steuerbegünstigen Versicherungsvertrag zu gestalten.
Gesetzeskonforme Gestaltung sichert Anerkennung als steuerbegünstigten Versicherungsvertrag
Die Klarstellungen und Abgrenzungen in dem BMF-Schreiben vom 1. Oktober 2009 bieten die Sicherheit, dass gesetzeskonform gestaltete Verträge von der langfristigen Steuerbegünstigung für Versicherungsverträge profitieren. Der wesentliche Punkt ist, dass der Vertrag keine verdeckte „Vermögensverwaltung“ sein darf, sondern nur Vermögenswerte umfasst, die für „eine unbestimmte Vielzahl von Versicherten gemeinschaftlich angelegt bzw. verwaltet“ werden. Dies ist regelmäßig der Fall, wenn der Versicherungsvertrag für die Vermögensanlage eine Auswahl von Fonds anbietet, die auch sonst „einer Vielzahl von Anlegern“ zur Verfügung stehen. Textziffer 34e des zitierten BMF-Schreibens stellt zusätzlich klar, dass auch der Einsatz von „versicherungsinternen Fonds“ die Charakterisierung als öffentlich vertriebene Investmentfondsanteile nicht beeinträchtigt, vorausgesetzt, dass diese internen Fonds die Anlagen von einem oder mehreren öffentlich vertriebenen Investmentfonds widerspiegeln.
Die Versicherungstarife „Vipvalor Lifecycle 99 (D), WFLifeCycle und 3ik-Strategieversicherung erfüllen diese Voraussetzungen und sind damit langfristig steuerbegünstigte Versicherungen.