Die täglichen Meldungen über ständig neue Ideen, wie wir in Europa unsere Schuldenkrise lösen könnten, nehmen uns anscheinend so in Anspruch, dass wir die unauffällige, jedoch konstante Verbesserung des Investititionsumfeldes in den USA fast nicht wahrnehmen. Dabei haben sich jenseits des Atlantiks doch einige Entwicklungen ergeben, die wieder eine entspannte Grundhaltung bezüglich der US-Konjunktur zulassen.
Immobilienpreise haben sich stabilisiert – Verkaufszahlen steigen
Die Entwicklung der Immobilienpreise ist für die wirtschaftliche Entwicklung der USA enorm wichtig. Vor Jahresfrist noch hörten wir immer wieder Meldungen über Zwangsversteigerungen, Bankenpleiten und Halden von unverkauften Häusern, deren Eigentümer die Kreditraten nicht mehr aufbringen konnten. Diese Meldungen sind verstummt. Die umgekehrte Entwicklung (steigende Nachfrage nach Häusern, Abflauen der Bankenprobleme, wieder anziehende Preise für Immobilien, Beschäftigungswachstum in der Baubranche, …) waren hierzulande kaum eine Headline wert. Die Statistiken zeigen allerdings, dass die Krise überwunden ist und die Preise wieder nach oben gedreht haben. Stellvertretend für zahlreiche Meldungen aus den USA mag die Homepage eines Maklers in Florida einen Eindruck vermitteln, mit welchen Argumenten heute wieder Käufer motiviert werden, die letzten Chancen auf günstigen Kauf einer Florida-Immobilie zu nutzen. Die Kaufargumente mögen dort etwas pointiert dargestellt sein. Die Statisiken unterstreichen jedoch die positive Wende am Immobilienmarkt.
Die Stückzahl der Immobilientransaktionen (hier: genutzte Immobilien, also Zweitmarkt) zeigt wieder nach oben. Dies geht einher mit leicht anziehenden Preisen.
Am Immobilienmarkt hängen weitere positive Entwicklungen
Stabile und sogar wieder leicht steigende Immobilienpreise haben positive Auswirkungen auf zahlreiche Bereiche des amerikanischen Wirtschaftslebens.
- Banken können die blockierten Reserven für drohende Kreditausfälle wieder reduzieren. Das öffnet die Tür für eine erhöhte Kreditvergabe an kleine und große Unternehmen, was wiederum die Fähigkeit, Investitionen zu finanzieren, fördert.
- Hauseigentümer, die bisher jeden Dollar sparten, um ihre im Wert gesunkenen Häuser schneller entschulden zu könenn, sind wieder bereit, mehr zu konsumieren. Da die US-Wirtschaft maßgeblich vom privaten Konsum abhängt, fördert dies die Konjunktur auf breiter Front. Tatsächlich zeigt eine Statistik, dass die privaten Konsumentenkredite in den letzten Monaten weit überdurchschnittlich stark in Anspruch genommen wurden.
- Bauunternehmen bieten wieder mehr Jobs und kaufen wieder Grundstücke. Die gesamte Bauindustrie kommt langsam wieder in Fahrt.
- Die Börsen profitieren vom wieder erstarkenden Binnenmarkt. Grant Bowers, Vizepräsident von Franklin Global Advisors, sagte dazu in einem kürzlich gegebenen Interview: “Die US-Wirtschaftsdaten sind sogar recht robust, das geht derzeit aber ein wenig in der globlaen Finanzwelt unter. Für das Gesamtjahr rechnen wir in den USA mit einem Wirtschaftswachstum von zwei bis 2,5 %.”
Die Arbeitslosenquote in den USA geht seit dem steilen Anstieg im Umfeld der letzten Finanzmarktkrise 2009 wieder zurück. Dies ist auch auf die sich stabilisierenden Immobilienpreise und die daraus resultierende höhere Konsumbereitschaft der US-Bürger zurückzuführen.
Steigerung der Erdgasproduktion versorgt Industrie mit billiger Energie
Das in den USA verbreitete Verfahren, gashaltige Gesteinsschichten durch Einpressen von Flüssigkeiten so weit aufzubrechen, dass das Erdgas gefördert werden kann, hat zu einer deutlichen Steigerung der Gasproduktion und damit zu günstigen Preisen für die Industrie (im Vergleich zum Gaspreis in Japan etwa nur ein Siebtel) geführt. Dieser Kostenvorteil erhöht die Wettbewerbsfähigkeit der US-Industrie im Verhältnís zu den globalen Wettbewerbern.
Die Förderung von inländischem Erdgas stieg die letzten Jahre kontinuierlich an. Auch 2012 erreichten die USA weitere Steigerungen. Damit steht für die US-Industrie eine äußerste preisgünstige Energiequelle zur Verfügung.
Milliarden Cash-Reserven warten auf ertragbringenden Einsatz
Amerikanische Konzerne verfügen mittlerweile über fast unvorstellbare Reserven an Bargeld, das sie jederzeit investieren können, wenn sich hierfür ein wirtschaftlich sinnvoller Anlass ergibt. Alleine Apple hortet über 110 Milliarden USD Cash-Reserven. Zahlreiche Wirtschafts- und Börsenexperten der USA verstärken ihre Hinweise, dass ein Wechsel der politischen Grundrichtung im November 2012 (also ein Wahlsieg Romneys) dazu führen würde, dass ein beträchtlicher Teil dieser Bargeldreserven in bisher unterlassene Investitionen fließen würde, was in kurzer Zeit einen beträchtlichen positiven Schub für den Arbeitsmarkt und die gesamte Konjunktur mit sich bringen würde.
Wirtschaftsleistung wieder auf Wachstumskurs
Während in der Eurozone die gesamtheitliche Wirtschaftsleistung zurückgeht, verzeichnen die USA seit der Erholung nach dem Einbruch in 2009 wieder ein andauerndes, stabiles Wachstum.
Nach einem Rückgang des Bruttoinlandsproduktes in 2009 steigt die Wirtschaftleistung der USA wieder kontinuierlich an. Auch für 2012 ist wird für das Gesamtjahr ein stabiles Wachstum erwartet.
Aktienkurse bewegen sich nach oben
Der Weltaktienindex zeigt nur für die ersten drei Monate 2012 einen Anstieg. Der Dow Jones Industrial Average Index stieg in dieser Zeit nicht so rasant wie der Weltaktienindex. Die Entwicklung des US-Index setzte sich jedoch auch über den März hinaus positiv fort. Die hohen Schwankungen sind der weltweiten Besorgnis in Zusammenhang mit der Euro-Krise geschuldet. Die Tendenz weist jedoch – wenn auch unter heftigen Schwanktungen – stabil nach oben.
Die Grafik zeigt die Entwicklung der beiden Indice aus Sicht eines Euro-Anlegers. Dies bedeutet, dass die Wechselkurs-Schwankungen des Euro zum USD in dieser Darstellung mit berücksichtigt sind. Ein guter Teil des Kursanstiegs ist damit auf die aus der Euro-Schwäche resultierenden Stärkung der US-Währung zurückzuführen.
Dow Jones im Vergleich zum Weltaktienindex (beide Indices in Euro bewertet)
Der gleiche Index in USD dargetellt zeigt, dass auch die US-Aktien sehr heftigen Schwankungen unterliegen.
Dow Jones und Weltaktienindex, in USD bewertet.
Kommentar
Investitionen in den US-Aktienmarkt können die nächsten Monate wieder in Betracht gezogen werden. Vor allem der Wechsel der politischen Grundströmung in Richtung mehr “Kapitalismus” und ein allgemein unternehmerfreundliches Umfeld könnte zu einer deutlichen Steigerung der Investitionsbereitschaft amerikanischer Unternehmer führen und damit die Aktienkurse beflügeln. Diese Entwicklung könnte schon im Vorfeld der auf Anfang November 2012 angesetzten US-Wahlen einsetzen, wenn sich vorher schon ein ein Trend zugunsten des Herausforderers Romney abzeichnet.