Wie Europas Steuerzahler ihre Banken mästen

Geposted von Walter Feil am

Seit der Finanz- und Vertrauenskrise 2008 haben wir uns daran gewöhnt, dass Banken hochriskante Geschäfte eingehen, mit denen sie – wenn alles klappt – unglaublich hohe Gewinne erzielen. Wie hoch diese Gewinne sind, wurde uns im Rahmen der Diskussion über die Banker-Boni viele Monate lang täglich vor Augen geführt, wobei die Millionen-Boni nur den kleinen Teil der Extra-Bezüge für die Angestellten darstellen, nicht jedoch die tatsächlichen Gewinne der Banken.

Erster Griff in die Steuerkasse: Nationale Banken-Bailouts

Als die in Kauf genommenen Risiken tatsächlich eintraten, waren zahlreiche Banken “zu groß”, um sie fallen zu lassen. Also entschieden die Regierungen, den Banken zu helfen. Das Geld dazu nahmen sie aus der treuhänderisch verwalteten Gemeinschaftskasse aller Steuerzahler. Wenn die Guthaben, die die akutell lebende Generation von Steuerzahlern eingezahlt hatten, nicht ausreichten, wurden neue Schulden aufgenommen, die von der künftigen Generation von Steuerzahlern zurückgeführt werden müssen.

Kaum jemand spricht heute noch darüber, dass die Risiko-Geschäfte, die die Banken an den Rand des Zusammenbruchs führten, zu einem großen Teil im Bereich “Eigenhandel” der Banken entstanden, was – zumindest gemäß dem früheren Verständnis eines Bankbetriebes – nicht der eigentlich Geschäftszweck einer Bank ist.

Zweiter Griff in die Steuerkasse: Europäische Stützungsmaßnahmen

Nach den nationalen Geld-Infusionen in die Banken folgten die gemeinschaftlichen Stützungsmaßnahmen zu Lasten einer Vielzahl von Staaten. Hierüber wurde schon etwas länger diskutiert, da jeder einzelne Staat, der Stützungsmaßnahmen für seine Banken in Anspruch nehmen wollte, sich nach Kräften bemühte, möglichst viel aus der Gemeinschaftskasse zu erhalten und gleichzeitig möglichst wenig einzuzahlen und seine Verpflichtungen sowie Einflussnahme von außen möglichst gering zu halten.

Die Politik hat schnell gelernt, dass eine Fortsetzung dieser Art von “Rettungsmaßnahmen” mittlerweile nicht mehr von allen Steuerzahlern mitgetragen wird und weitere Maßnahmen auf heftigen Widerstand stoßen würden.

Dritter Griff in die Steuerkasse: Verdeckt über zinsgünstige EZB-Kredite

Heute ist die Methodik, Geld aus der Steuerkasse in die Bankenwelt umzuleiten, etwas unauffälliger organisiert.

  • Schritt 1: Die EZB stellt Banken Kredite zu extrem günstigen Zinsen zur Verfügung, aktuell zu einem Leitzins von 0,75 %.
  • Schritt 2: Die Banken gewähren den Staaten Kredite, allerdings nicht zu 0,75 %, sondern zu einem Zinssatz, der dem Zinsniveau des jeweiligen Staates entspricht, somit zu Zinshöhen zwischen etwa 2 und 5 %.
  • Schritt 3: Das Risiko dieser Kredite für die Banken ist gering. Die Staaten werden nicht “fallengelassen”, sie gehören ja zum Europpäischen Währungsverbund, der gemäß dem politischen Willen der wichtigsten Euro-Staaten erhalten bleiben muss. Damit ist auch die Rückzahlung dieser Kredite an die Banken gesichert.

Wenn ich nun 1 Milliarde Euro für 0,75 % erhalte und diese Summe für 3,75 % ausleihe, beträgt die jährliche Zinsdifferenz 30 Millionen Euro. Das ist – bei geringem Verwaltungsaufwand und fast keinem Risiko – ein einträgliches Geschäft. 10 Milliarden führen dementsprechend zu 300 Millionen, und 100 Milliarden zu 3 Milliarden Zinsdifferenz. – Die EZB hat vor einiger Zeit bekanntlich etwa 1 Billion Euro (das sind 1.000 Milliarden Euro) zinsgünstiges Geld für die europäischen Banken bereitgestellt.

Hier ergeben sich zwei Fragen, nämlich:

  1. Wer zahlt die Zinsen, die die Staaten (zwischen etwa 3 und 5 %, je nach Staat) für diese Bankkredite aufbringen müssen? Sind es nicht auch wieder die Steuerzahler, die in diesen Ländern steuerpflichtig sind oder künftig sein werden?
  2. Warum müssen diese Kredite über Geschäftsbanken geleitet werden, die sich damit die Zinsdifferenz (abzüglich geringer Kosten) als Extra-Gewinn abgreifen können?

Das Europäische Recht lässt es (angeblich) derzeit nicht zu, dass die EZB die Staaten direkt finanziert. Warum können wir keine Regelung schaffen, die diesen Kreislauf, der dazu führt, dass die europäischen Steuerzahler – häufig unbewusst, auf jeden Fall aber ungewollt – einmal mehr die Banken mästen, unterbrochen wird?

 

 

Walter Feil ist Leiter der Niederlassung Bühl der Gies & Heimburger GmbH und Leiter des Investment-Research.