Wirtschaft in China nimmt wieder Fahrt auf

Geposted von Walter Feil am

Die wirtschaftliche Entwicklung in China blieb im Jahr 2012 hinter den Erwartungen zahlreicher Marktteilnehmer zurück. Häufig wurde der Rückgang auf eine Wachstumsrate von etwa 7,5 % nur mit Blick auf frühere Jahre, die Wachstumsraten von teilweise über 10 % aufwiesen, kommentiert. Auf diesem Newskanal vertrete ich allerdings schon lange die Ansicht, dass die Konjunktur in China künftig nicht mehr mit 10 % wachsen wird und dies auch nicht der Zielstellung des Zentralbüros entspricht. Die Wandlung Chinas von einer exportorientierten Wirtschaft zu einer auf den Binnenmarkt orientierten Konsumgesellschaft wird zu Wachstumsraten von weiterhin etwa 7,5 bis 8 % führen.

Nach Abschluss des Parteikongresses, der auch alle 10 Jahre turnusgemäß fälligen Austausch des Politbüros und des Ständigen Ausschusses (dies ist das Zentrum der Macht in China) mit sich brachte, erwarte ich nun wieder in rascher Folge die Umsetzung der anstehenden Entscheidungen. Erste positive Ergebnisse der Maßnahmen, die nach einer gewollten Abkühlung das Wirtschaftswachstum in den gewünschten Korridor führen, sind bereits festzustellen.

Infrastruktur-Investitionen ziehen stark an

In den letzten zwei Monaten wurde offensichtlich, dass die Wirtschaft in China wieder Fahrt aufnimmt. Es ist allerdings noch eine etwas einseitige Erholung: die kleineren Unternehmen stecken immer noch in Problemen, währen die größeren Unternehmen wieder auf die Füße kommen, was vor allem auf eine deutliche Steigerung der Infrastruktur-Investitionen zurückzuführen ist. Offensichtlich benötigt China noch etwas Zeit, um das Ziel, den inländischen Konsum und damit auch die Umsätze der kleineren Unternehmen zu steigern, zu erreichen. Die hauptsächlich durch Aufträge des Staates angeschobenen Investitionen in Infrastrukturmaßnahmen lassen sich allerding schneller steigern.

 

Immobilienverkäufe bleiben auf hohem Niveau – Preisauftrieb ist gestoppt

Viele Beobachter aus westlichen Regionen kommentierten häufig, dass die chinesische Politik nicht genügend Kredite bereitstellt, um die Immobilienverkäufe wieder zu steigern. Gleichzeitig wurde stets vor der Gefahr einer Immobilienblase gewarnt. Die Maßnahmen der Regierung waren in der Rückschau genau richtig, um einerseits den Abverkauf der fertiggestellten Einheiten zu fördern, andererseits jedoch einen weiteren Preisauftrieb zu verhindern.

Nach dem starken Anstieg der Verkäufe und der Preise Ende 2009 erfolgte die Verlangsamung: die Verkaufszahlen sanken bereits ab Anfang 2011 und fanden ihren Tiefpunkt zum “Chinese New Year” Anfang 2012. Seitdem stiegen die Verkaufszahlen wieder stark an – jedoch ohne erneuten Preisauftrieb.  Die Grafiken zeigt die Entwicklung seit 2009:

 

 

 

Exporte legen wieder zu – jedoch scherpunktmäßig in die Emerging Markets

Die Exporte in die Industrieländer, die sämtlich gezwungen sind, ihre überbordende Verschuldung einzugrenzen, nahmen auch im Jahr 2012 weiter ab. Gleichzeitig stiegen die Exporte in die Emerging Markets jedoch wieder an. Gerade letzte Woche einigten sich während des Ostasiengipfels in Kambodscha 16 Staaten einschließlich China und Japan, die größte Freihandelszone auf diesem Planeten, die insgesamt ein volles Drittel der Weltbevölkerung umfassen wird, beschleunigt in Gang zu setzen. Dies wird den Handel Chinas mit den weiteren asiatischen Staaten deutlich ausdehnen und damit die Unabhängigkeit von der Aufnahmefähigkeit der Märkte in den Industrieländern vergrößern.

 

Kaufkraft des Renminbi gegen USD nimmt wieder zu

Die USA drängen China schon seit vielen Jahren, eine Aufwertung der heimischen Währung RNB gegen den USD zuzulassen. Bekanntlich steuert die Führung Chinas den Wechselkurs durch tägliche Kurspflege im Markt innerhalb einer engen Bandbreite. Seit Juli 2012 hat die Aufwertung des RNB gegen USD wieder Fahrt aufgenommen, nachdem diese Entwicklung die davorliegenden zwei Monate unterbrochen war. Dies führt zu einer Verteuerung der US-Einkäufe in China und gleichzeitig zu einer Verbilligung der Einkäufe Chinas in den USA und in anderen Ländern, deren Währung eng an den USD gekoppelt ist.

 

Kommentar:
Der asiatische Wirtschaftsraum wird in den kommenden Jahren weiterhin an Bedeutung gewinnen. Nachdem die  Aktienkurse chinesischer Unternehmen in den zurückliegenden Quartalen – auch vor dem Hintergrund der weltweiten Verunsicherung wegen der nicht gelösten Probleme in der Eurozone – hinter der gewohnten Entwicklung zurückblieben, könnte in den nächsten Monaten mit einem zunehmend positiver Nachrichtenfluss aus China der Rückstand aufgeholt werden. Positive Überraschungen halte ich für nicht ausgeschlossen.

 

Walter Feil ist Leiter der Niederlassung Bühl der Gies & Heimburger GmbH und Leiter des Investment-Research.