Der neue Silberrausch

Der August 2020 ist ein historischer Monat für die Edelmetalle. Während der Goldpreis erstmals in seiner Geschichte den Preis von über 2000 USD pro Unze erreichte, ist der Silberpreis regelrecht berauscht durch die Decke geschossen. Auf Sicht von nur einem Monat konnte der Preis um +60% zulegen, auf 12-Monatssicht liegt das Plus bei +75%. Was hat diesen neuen Boom ausgelöst?

Wegen der Coronakrise wirkten bei Silber andere Einflussfaktoren als bei Gold. Während Gold als wertstabil gilt und ein Krisenszenario häufig zur Depotabsicherung dient, geriet Silber zunächst während des konjunkturellen Abschwungs stark unter Druck, denn rund die Hälfte der weltweiten Silbernachfrage entfällt auf den industriellen Sektor, womit Silber stärker an den Konjunkturverlauf gekoppelt ist. Dies führte im März zu einem bedeutenden Rückgang auf unter 12 USD/Unze. Allerdings erholte sich der Preis recht schnell von seinen Tiefstständen, denn die Frühindikatoren signalisierten, dass der wirtschaftliche Tiefpunkt in Europa und den USA wohl im April erreicht wurde. Ab Mai setzte unterstützt von billionenschweren Konjunkturpaketen der Notenbanken und Regierungen die wirtschaftliche Erholung ein, die sich bis heute fortsetzte. Das niedrige Kursniveau führte zu einem regelrechten Ansturm auf Silber. Den Edelmetallhändlern wurden Münzen und Barren regelrecht aus den Händen gerissen, Kunden sind sogar bereit immense Preisaufschläge zu bezahlen. Allein in der ersten Jahreshälfte flossen den Silber-ETFs knapp 206 Mio. Unzen zu, verglichen mit nur 4 Mio. im Vorjahreszeitraum.

Sollte die Industrieproduktion in der zweiten Jahreshälfte weiter anziehen, könnte sich der Aufwärtstrend bei Silber noch weiter beschleunigen. Viele Finanzexperten halten bereits wieder die alten Höchststände bei rund 50 USD/Unze für möglich.

Interessantes Gold-Silber-Ratio

Mitte März mussten für eine Feinunze Gold mehr als 123 Silberunzen auf den Tisch gelegt werden, so groß war der Preisunterschied zwischen den beiden Edelmetallen noch nie. In den vergangenen 35 Jahren war die Unze Gold durchschnittlich etwa 67-mal so teuer wie die Unze Silber. Berechnet auf den heutigen Goldpreis würde das ca. 31 USD für den Silberpreis bedeuten. Besonders interessant ist ein Blick auf die Entwicklung während und kurz vor der Finanzkrise im Jahr 2008. Zu Beginn der Krise stieg der Goldpreis ebenfalls kräftig an, während der Silberpreis stark einbrach. Doch mit der Erholung der Weltwirtschaft hatte sich auch der Silberpreis wieder kräftig erholt und legte im Anschluss deutlich stärker zu als der Goldpreis – das Gold-Silber-Ratio gab kräftig nach und fiel sogar deutlich unter den langjährigen Durchschnitt.

Natürlich kann das Gold-Silber-Ratio nur als Anhaltspunkt herangezogen werden, allerdings sind gewisse Parallelen zu damals unverkennbar. Geht die Weltwirtschaft durch die billionenschweren Stimuli seitens der Notenbanken und Regierungen gestärkt aus der Krise hervor, ist ein ähnliches Szenario wie nach der Finanzkrise durchaus denkbar. Kurzfristig könnte es durch Gewinnmitnahmen zu kleinen Korrekturen kommen, die mittelfristigen Aussichten bleiben aber ausgesprochen chancenreich.

Thomas Boldt und das gesamte Team von Gies & Heimburger wünscht Ihnen ein schönes Wochenende mit viel Sonnenschein. Bleiben Sie gesund!