Die amerikanische Notenbank Fed hat am vergangenen Mittwoch ihren Leitzins um 25 Basispunkte angehoben. Der Zielkorridor für die Federal Funds wird auf 0,25% bis 0,50% erhöht. Der Beschluss der Mitglieder des Offenmarktausschusses fiel einstimmig aus. Dies ist die erste Zinserhöhung in Amerika seit neuneinhalb Jahren und beendet einen siebenjährigen Zeitraum mit de facto null Prozent Zinsen.
Fed-Chefin Janet Yellen und die Fed gewinnen Glaubwürdigkeit zurück
Seit dem vergangenen Oktober bereitete Frau Yellen und ihre Kollegen an der Spitze der amerikanischen Notenbank die Märkte sehr deutlich auf die nun erfolgte Zinserhöhung vor. Die Markterwartung im Vorfeld der Fed-Sitzung lag mit 80% Wahrscheinlichkeit bei der 0,25% Erhöhung. Insofern wurde geliefert was die Marktakteure erwarteten. Auch bei der Begründung des Zinsschrittes und bei der Beantwortung der Journalistenfragen auf der Pressekonferenz hinterließ Frau Yellen am Mittwoch einen souveränen Eindruck. Ich sah mir die rund einstündige Konferenz von 20:30 Uhr bis 21:30 Uhr unserer Zeit via Live-Stream am Bildschirm an. Nach meinem Empfinden konnte die Fed-Chefin die Märkte diesmal klar überzeugen, im Gegensatz zu einem fahrigen Auftritt bei der letzten Pressekonferenz im September. Somit konnte die US-Notenbank nach dem (zu) langen Hinauszögern der Zinswende, Glaubwürdigkeit zurückgewinnen.
Ist die amerikanische Konjunktur stark genug für höhere Zinsen?
Nach sieben Jahren der Nullzinspolitik und einer nur moderat wachsenden US-Wirtschaft stellt sich mancher Marktteilnehmer die sorgenvolle Frage, ob die amerikanische Konjunktur nicht durch steigende Zinsen ausgebremst wird? Die Antwort auf die Frage gleich vorneweg: die Konjunktur in den Staaten ist robust genug, um steigende Zinsen zu verkraften.
Janet Yellen verdeutlichte, dass die Voraussetzungen für diesen ersten Zinsschritt aus Sicht der Notenbank erfüllt sind. 1. Die Arbeitslosenquote liegt aktuell bei 5% und wird gemäß den Schätzungen der Volkswirte in 2016 auf ca. 4,8% fallen. Somit ist nach der Lesart der US-Notenbank Vollbeschäftigung im Land erreicht. 2.Erwartet die Fed, dass in den kommenden Monaten die Inflationsrate allmählich in Richtung der Zielprojektion von etwa 2% ansteigen wird.
Wie agiert die Fed in 2016 und was sind die Konsequenzen?
Frau Jellen verdeutlichte auf der Pressekonferenz am Mittwoch dass die Fed ihren Leitzins in den kommenden Monaten in Abhängigkeit von der jeweiligen Datenlage graduell anheben wird. Was bedeutet das? Der Pfad künftiger Zinserhöhungen wird im Vergleich zu vergangenen Zyklen sicherlich deutlich flacher verlaufen. Gemessen am Median der Zinsprojektionen halten die Offenmarktausschuss-Mitglieder derzeit für Ende 2016 ein Leitzinsniveau von 1,4% für angemessen. Das entspräche vier Zinsschritten von jeweils 25 Basispunkten.
Wir sehen das Risiko, dass in 2016 die Inflationsrate etwas stärker als erwartet ansteigt und somit die Fed schneller und stärkere Zinserhöhungen vornehmen muss, als dies der Markt bisher einpreist. Diese mögliche Entwicklung und die daraus resultierenden Marktreaktionen gilt es in 2016 sehr genau im Auge zu behalten.
Historisch betrachtet konnten europäische Aktien in Phasen steigender Fed-Zinsen eine gute Wertentwicklung aufweisen, wie der nachfolgende Chart belegt.
Fazit: Die Politik der amerikanischen Notenbank wird in 2016 eines der spannendsten Themen an den Kapitalmärkten bleiben. So lange die Fed eine maßvolle Zinserhöhungspolitik betreibt werden die Märkte damit vernünftig umgehen können. Gefahren sehen wir dann, wenn die Fed zu hektischeren Aktionen gezwungen wird.