Editorial der Freitags-Info vom 08.10.2021

Geposted von Andreas Rosner am

Lieferketten sind gerissen – leere Regale und steigende Preise

Ausgerechnet im bevorstehenden Weihnachtsgeschäft, ein für den Einzelhandel wichtiger Umsatzbringer, droht ein tiefgreifender Einschnitt. Der durch die Corona Krise eh schon stark gebeutelte Einzelhandel befürchtet das die Versorgungskette zwischen den Nordseehäfen und dem europäischen Hinterland reißt. Als Grund für diese Situation wird die Havarie im Suezkanal im März dieses Jahrs genannt, als der 400 Meter lange Container Riese MV Ever Given im Suezkanal auf Grund lief. Der daraus resultierende Stau auf beiden Seiten des Kanals hat sich nach 14 tagen aufgelöst aber die Auswirkungen sind bis heute immens. Denn in den großen Überseehäfen wie Rotterdam, Antwerpen oder Hamburg kommen die großen Containerschiffe immer noch mit Verspätung an und das hat Auswirkungen auf den Weitertransport der Waren mit Binnenschiffen, Lkws oder Güterzügen. Die Logistik in diesen Häfen wird aktuell auf den Kopf gestellt. Die Hinterland Transporteure stehen für den Abtransport bereit, aber die Verspätung der Waren anliefernden Containerschiffe sorgt dafür das die für den Abtransport pünktlich bereitgestellten Stahlboxen den Hafen wieder verlassen müssen. So kommt es zu einem ungeahnten Dominoeffekt, denn die Stellplätze für Container sind flächentechnisch begrenzt. Kurz gesagt trifft eine Containerwelle die Nordseehäfen und der für eine funktionierende Lieferkette wichtige Weitertransport ins Binnenland stockt.

 

Deutliche Preissteigerungen sind die Folge

Hinzu kommt das der unzuverlässige Hafenumschlag die Lagerkosten wie auch Hafengebühren steil nach oben treibt. Spediteure berichten zudem, dass der Transportpreis durch den LKW drei bis viermal teurer ist als der Weitertransport durch Binnenschiffe oder den Güterzug. Um aber verlorenen Zeit wieder aufzuholen ist dies die einzige Chance. Wie der nachfolgende Chart belegt, sind aber auch die Frachtraten seit dem letzten Jahr deutlich angestiegen. Es ist daher zu erwarten, dass die über die gesamte Lieferkette gestiegenen Preis an den Endverbraucher weitergegeben werden. Von dem sich daraus ergebenden Durchschlag auf die Inflation wird zusätzliche Sprengkraft erzeugt!

LKW-Fahrer verzweifelt gesucht

Ein weiteres signifikantes Problem ist aber auch das allein in Deutschland bereits jetzt 60.000 Kraftfahrer gesucht werden. Tendenz steigend, denn jährlich kommen 15.000 hinzu. Das dies auch in anderen europäischen Ländern ein großes Problem ist zeigt die Statistik der Stellengesuche, die dem Handelsblatt entnommen ist:

Weil aber parallel die Zahl der LKW-Transportaufträge rasant steigt, wird dies zunehmend zu einem großen Problem. „Wir laufen sehenden Auges in den Versorgungskollaps“ sagt der Geschäftsführer des BGL (Bundesverband Güterkraftverkehr und Logistik).

Ein Ende dieser Misere oder praktikable Lösungen scheinen derzeit in weiter Ferne. Alle Beteiligten, Terminalbetreiber, Reeder und Spediteure müssen jetzt an gemeinsam koordinierten Lösungen arbeiten und das möglichst rasch. Von dem sich daraus ergebenden Durchschlag auf die Inflation wird zusätzliche Sprengkraft erzeugt!

Denn sonst bleibt es unter dem Weihnachtsbaum in diesem Jahr ziemlich leer!

Bleiben Sie gesund, halten Sie bitte weiterhin Abstand und genießen Sie das Wochenende.

Andreas Rosner und das gesamte Team von Gies & Heimburger

Andreas Rosner ist Direktor Privatkunden der Gies und Heimburger GmbH.