Flächenbrand im Nahen Osten?
Es ist völlig offensichtlich: Israel erlebt in diesen Tagen einen eigenen 9/11 Moment. Das Sicherheitsgefühl der Menschen ist mehr als nur angekratzt, nachdem die Palästinenser-Gruppierung der Hamas das Land zu Wasser, zu Boden und aus der Luft angegriffen hat.
Der Geheimdienst hat versagt, und die Zäune und Mauern des Gaza-Streifens waren offensichtlich zu überwinden. Und möglicherweise wird nächstens die libanesische Hisbollah aus dem Libanon in den neuen Krieg eingreifen. Im Hintergrund ziehen die Mullahs in Teheran die Strippen und feuern ihre Glaubensbrüder in Palästina an.
Israel sieht sich eingekreist und wird nun möglicherweise maßlos reagieren. Die Hamas soll zerschlagen werden, die IDF, das israelische Militär, erwägt eine Invasion des Gaza-Streifens.
Die Reservisten sind bereits an den Waffen. Der Region droht eine neue humanitäre Katastrophe, die gerechnet seit 1973 – Jom Kippur Krieg – ihres Gleichen suchen wird.
Der große Knall an der Börse ist bislang ausgeblieben. So deuten diverse Indikatoren und Preisentwicklungen an, dass der Markt „nur“ von einem regionalen Konflikt ausgeht, der etwa die Ölförderung des Iran oder Saudi-Arabiens nicht tangieren wird.
So hat der Ölpreis bislang nicht nennenswert angezogen. Die klassische Krisenwährung Gold reagierte (noch) mit nur moderaten Preisaufschlägen. Der Aktienmarkt zeigt sich zunächst wenig beeindruckt und startet nach den Verlusten der vergangenen Wochen sogar eine kleine Zwischenerholung, um dann zum Wochenende hin wieder zu korrigieren. Die Angst geht um!
Wir sind nicht naiv und verkennen den Giftcocktail, der für uns gebraut wird! Das sind seine Zutaten: Die Berichtssaison steht an, und niemand kennt zu diesem frühen Zeitpunkt ihren Ausgang.
Gleichzeitig lassen die Marktzinsen nicht nach und verharren auf Rekordniveau. Heute Morgen habe ich im Radio gehört, dass nun Kapital in den Markt für Staatsanleihen fließt.
Das würde sich bekanntlich zinsdämpfend auswirken. Ich kann allerdings diesen konstruktiven Zufluss nicht entdecken. Unsere Charts – wie die deutsche Umlaufrendite – sprechen eine andere Sprache.
Und wenn der Israel-Krieg eskaliert, wird der Ölpreis stramm gen 100 USD streben, mit den erwartbaren Begleiterscheinungen wie Zunahme der Inflation plus weiteren Zinsanstiegen.
Besonders sensibel reagiert gerade der Erdgaspreis (TTF) in Europa, der im Vergleich zur Vorwoche um 37% angestiegen ist. Doch warum ausgerechnet Erdgas?
Normalerweise gelangt Flüssiggas aus dem östlichen Mittelmeer per Schiff nach Europa. Aufgrund von Sicherheitsbedenken ruht jedoch teilweise die Förderung in diesen Gewässern. Die Gasfunde der letzten zwei Jahrzehnte haben die Region zu einem vielversprechenden neuen Fördergebiet gemacht. Europa ist stark auf Flüssiggas angewiesen und das Mittelmeer bietet kurze Transportwege. Dies steht nun auf dem Spiel. Eine weitere Erdgaskrise in Europa wäre besonders unpassend, angesichts der instabilen wirtschaftlichen Lage. Von einer möglichen Ausweitung des Nahostkonflikts ganz zu schweigen. Die Gefahr eines Flächenbrandes, der mehrere Länder der Region miteinbezieht, ist derzeit noch gering, aber einen Krieg inIsrael hatte vor einer Woche auch niemand erwartet.
Der Markt ist derzeit fragil und wird keine große Toleranz gegenüber schlechtem Nachrichtenfluss haben. Absicherungen mit Edelmetallinvestments sind wohl für den Moment die besten Lösungen.
Thomas Boldt und das gesamte Team von Gies & Heimburger wünschen Ihnen ein schönes Herbstwochenende