Dunkle Wolken am europäischen Konjunkturhimmel
Ich weiss nicht, wie es Ihnen geht, aber das schöne Sommerwetter der vergangenen Wochen scheint unser aller Wahrnehmung bezüglich der wirtschaftlichen Realitäten in der Eurozone, etwas rosarot eingefärbt zu haben. Dazu kamen dann noch Rekordstände im DAX. Dies verstärkte die Botschaft, dass wir doch irgendwieauf der Insel der Glückseeligen leben und das ganze Krisengerede eher medialer Natur ist.
Die heutigen Einkaufsmanagerdaten für Deutschland, Frankreich und die Eurozone sprechen dazu leider eine andere Sprache.
Der HCOB Eurozone PMI (Purchasing Managers‘ Index, Einkaufsmanagerindex™, EMI™) wird von S&P Global erstellt und basiert auf Umfragen unter einer repräsentativen Auswahl von 5000 Firmen in der Industrie und im Servicesektor. Industrieumfragen werden in Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien, den Niederlanden, Österreich, Irland und Griechenland erhoben. Die eingehenden Dienstleistungsdaten stammen aus Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien und Irland. Die Flash-Indizes basieren auf annähernd 85-90% der monatlichen Umfrage-Rückmeldungen und liefern damit eine detaillierte frühzeitige Schätzung der endgültigen PMIs.
Nach der kurzen Belebung im Frühjahr ist das Wirtschaftswachstum der Eurozone im Juni nahezu zum Stillstand gekommen. Dies ergab die aktuelle S&P-Umfrage zum HCOB Flash Eurozone Composite PMI. Der Auftragseingang wies erstmals seit Januar wieder ein Minus aus, der Stellenaufbau verlangsamte sich ein weiteres Mal und die Geschäftsaussichten binnen Jahresfrist verschlechterten sich ebenfalls. Der Inflationsdruck schwächte sich hingegen spürbar ab. So stiegen die Einkaufspreise mit der niedrigsten Rate seit Dezember 2020 und die durchschnittlichen Verkaufs- bzw. Angebotspreise für Güter und Dienstleistungen verteuerten sich so langsam wie seit März 2021 nicht mehr.
Dr. Cyrus de la Rubia, Chefökonom der Hamburg Commercial Bank, kommentiert: “Wenn die EZB nur die Güterpreise unter Kontrolle haben müsste, dann würde man in Frankfurt auf das Ende der Inflation anstoßen, denn auch im Juni zeigt die PMI-Umfrage, dass die Einkaufs- und Verkaufspreise deutlich gefallen sind. Angesichts der von dem PMI angezeigten Rezession im Verarbeitenden Gewerbe würde man zudem mit Zinssenkungen starten. Aber dieses Bild ist unvollständig. Im wichtigeren Teil der Volkswirtschaft, dem privaten Dienstleistungssektor, steigen die Preise weiter und deswegen geht die Kernrate der Inflation auch nur so zögerlich zurück.“ „Neben der anhaltenden Diskrepanz, die bereits mehrere Monate zwischen der Industrie auf der einen Seite und dem Dienstleistungssektor auf der anderen Seite zu beobachten ist, gibt es auch regional deutliche Unterschiede. In Frankreich etwa ist die Aktivität im Servicesektor im Juni laut PMI-Umfrage geschrumpft, wohingegen sie in Deutschland weiterhin expandierte, wenngleich mit nachlassender Dynamik. Das spiegelt sich auch in den Neuaufträgen wider, die in Frankreich zurückgehen, in Deutschland – wiederum mit einer abnehmenden Rate – aber steigen. Als Gründe für diese Schwäche werden in Frankreich, welches ökonomisch auch unter den intensiven Streik- und Protestaktivitäten im Frühjahr gelitten haben dürfte, die hohe Inflation und die schwierigeren Finanzierungskosten genannt.“ „Nachdem das BIP in der Eurozone im ersten Quartal das zweite Mal in Folge gefallen war, ist die Wahrscheinlichkeit etwas gestiegen, dass im laufenden Quartal die BIP-Veränderung erneut ein negatives Vorzeichen tragen wird, bedingt unter anderem durch die schwache Geschäftstätigkeit im Servicesektor Frankreichs. Selbst wenn unser Basisszenario eines leicht positiven Wachstums in der Eurozone im zweiten Quartal noch Wirklichkeit werden sollte, deutet der rückläufige Trend beim Composite-PMI auf eine schwierige zweite Jahreshälfte hin, da sich die Unternehmen aus allen Sektoren mit einer schlechter werdenden Auftragslage konfrontiert sehen.“
Hans Heimburger und das gesamte Team von Gies & Heimburger wünschen Ihnen ein schönes und sonniges Wochenende