Die Zeit für Zinssenkungen ist gekommen
Heute blickt die Investmentcommunity nach Jackson Hole, einem beschaulichen Tal in den Rocky Mountains im US-Bundesstaat Wyoming. Dort findet alljährlich ein Notenbanksymposium statt und, wie jedes Jahr, wird den Reden der Damen und Herren Notenbanker große Aufmerksamkeit geschenkt. Fed-Chef Jerome Powell hat in seiner Hauptrede, wie erwartet, baldige Zinssenkungen durch die US-Notenbank signalisiert.
„Die Zeit ist gekommen, um die Geldpolitik anzupassen“, sagte Powell. „Die Richtung ist klar, und der Zeitpunkt und das Tempo von bevorstehenden Zinssenkungen werden von den eingehenden Daten und dem Gleichgewicht der Risiken abhängen.“
Der Arbeitsmarkt hat sich abgekühlt
Die Fed hat nach dem Zinserhöhungszyklus (Start im Frühjahr 2022) seit September 2023 die Zinsen auf dem aktuellen Niveau, in der Spanne von 5,25 bis 5,50 Prozent gehalten. Sie wollte sicher gehen, dass die Inflationsrisiken endgültig gebannt sind und die Teuerung die Zielgröße von 2 Prozent ansteuert. Die Rahmendaten hierfür scheinen stimmig zu sein, so dass eine erste Zinssenkung der Fed nach ihrem nächsten Meeting am 17. und 18. September als sicher gelten kann. Die amerikanische Notenbank wird somit ihrem Doppelmandat „Preisstabilität“ und „Vollbeschäftigung“ gerecht, denn nach der erfolgreichen Eindämmung der Inflation muss die Fed ihr Augenmerk verstärkt auf den Arbeitsmarkt richten. Hier mehren sich die Signale, dass eine Abkühlung im Gange ist und dies sollte jedoch nicht in einen zu starken Anstieg der Arbeitslosenquote führen.
Die große Mehrheit erwartet ein Softlanding der US-Konjunktur
Wenn es der US-Notenbank gelingt mit ihrer Geldpolitik, also den zurückliegenden Zinserhöhungen zur Inflationseindämmung und den vor uns liegenden Zinssenkungen zur Ankurbelung der Wirtschaft, ihr Doppelmandat zu erfüllen, dann darf man gerne „Chapeau“ rufen. Angesichts der sehr hohen Preissteigerungen im Jahresverlauf 2022, war dies ohne größere Kollateralschäden nicht unbedingt zu erwarten. Ein Softlanding der Konjunktur ist aber nach wie vor kein Selbstläufer, auch wenn dieses Szenario von der überwiegenden Mehrheit der Marktakteure eingepreist wird.
Risiken bleiben
Der Inflationsschub in den entwickelten Industrienationen seit Ende 2021 liegt nach meinem Dafürhalten ganz eindeutig an dem Helikoptergeld während der Pandemie. Die staatlichen Unterstützungen flossen unzweifelhaft in den privaten Konsum und befeuerten die Preise. Das ist History und wird sich so ganz bestimmt nicht wiederholen. Das Risiko, dass dieser historische Sondereffekt nur unzulänglich mit der herkömmlichen Geldpolitik bekämpft werden kann, erachte ich als relativ hoch. Somit sehe ich die Gefahr, dass die Notenbanken mit ihren massiven Zinserhöhungen überzogen haben und die Konjunktur am Ende doch stärker in Mitleidenschaft gezogen wurde. Wir dürfen gespannt sein, wie schnell und kräftig die Notenbanken, unter der Führung der Fed, Willens sind die Zinsschraube wieder zu lockern.
Hans Heimburger und das gesamte Team von Gies & Heimburger wünschen Ihnen ein sonniges Wochenende