Liebe Leserinnen und Leser,
am gestrigen Donnerstag nahm ich an der jährlichen Kapitalmarktkonferenz des in Hamburg und München beheimateten Bankhauses DONNER & REUSCHEL teil. Wie Sie wissen entschieden wir uns seiner Zeit bei der Auflage der 3ik-Strategiefonds I-III für die Kombination aus HANSAINVEST als Kapitalverwaltungsgesellschaft (KVG – hier werden die Fonds administriert) und DONNER & REUSCHEL als Depotbank, wo die Wertpapiere der 3ik-Strategiefonds verwahrt werden und unsere Kauf- und Verkaufsaufträge gehandelt werden. Beide Häuser sind für uns (und damit auch für Sie als treue Anleger)äußerst verlässliche und höchst professionelle Partner.
Gerne fasse ich für Sie die spannenden Vorträge des gestrigen Tages zusammen.
Politik in bewegten Zeiten – Peer Steinbrück Bundesminister a.D.
Als erster Vortragsredner stieg Peer Steinbrück, übrigens ein waschechter Hamburger, in die Bütt. Er genießt seinen Status als „elder statesman“, der in Berlin und Brüssel noch immer bestens vernetzt ist. Die für ein gemeinsames Europa erfreulichen Wahlausgänge in Holland und Frankreich und einer bevorstehenden Bundestagswahl, die kaum Überraschungspotential beinhaltet, sollten nicht darüber hinwegtäuschen, dass Europa weiterhin vor sehr großen Herausforderungen steht: „Wir Deutschen haben uns in Europa mit einigen Themen isoliert, beim Atomausstieg oder bei der Flüchtlingspolitik haben wir uns z.B. nicht mit unseren Nachbarn abgestimmt. Außerdem macht mir Italien Sorgen . Griechenland braucht einen Schuldenschnitt, da sollten wir Deutschen nicht mit dem erhobenen Zeigefinger herumfuchteln. Dies wird allerdings frühestens nach der Bundestagswahl ernsthaft thematisiert werden. Die Europäische Wirtschaftsunion wird zudem nicht in Griechenland entschieden, sondern in Italien (Stichwort: Bankenkrise) oder Frankreich (Stichwort: gelingt es Emmanuel Macron das Land zu reformieren) . Ich habe Europa noch nie in so einem fragilem Zustand gesehen.“ Aber Peer Steinbrück, ein zutiefst überzeugter Europäer, sieht auch die großen Chancen, die ein vereintes Europa das sich von Amerika emanzipiert, bietet.
Börsen zwischen Hoffen und Bangen – globaler Kapitalmarktausblick von Carsten Mumm, Leiter Kapitalmarktanalyse bei DONNER & REUSCHEL
Das erste Halbjahr 2017 verlief für viele Marktteilnehmer überraschend positiv. Vor allem Aktien hatten aufgrund der dynamischen Entwicklung der globalen Konjunktur deutliche Kursgewinne zu verzeichnen. So erhöhte der IWF bereits im April seine Prognose für das Weltwirtschaftswachstum in 2017 auf 3,5 Prozent. Mitte Juni dann passte das ifo-Institut auch die Erwartung für das deutsche BIP-Wachstum auf 1,8 Prozent an. In diesem Zuge erreichte der deutsche Leitindex DAX sogar neue Rekordniveaus von knapp 13.000 Punkten.
Zur guten Entwicklung beigetragen hat auch der vor sechs Monaten noch befürchtete, doch ausbleibende negative Einfluss der politischen Ereignisse. Ganz au contraire weckte die Politik, u.a. mit der Wahl Emmanuel Macrons zum neuen französischen Präsidenten und der absoluten Mehrheit seiner Partei im französischen Parlament, Hoffnungen und beflügelte die Kurse sogar zusätzlich. In den kommenden Monaten könnte einzig die italienische Parlamentswahl für Ungemach an den Kapitalmärkten sorgen, sofern die eurokritische 5-Sterne-Bewegung eine Mehrheit erringen würde. Derzeit sieht es allerdings so aus, als ob der Urnengang erst im Frühjahr 2018 anstünde.
Damit richtet sich der Blick vorerst auf die immer deutlicher werdenden Anzeichen einer sich erneuernden europäischen Einigkeit. Für diese Entwicklung steht stellvertretend die auch international viel beachtete Äußerung Angela Merkels nach dem G7-Gipfel auf Sizilien: „Wir Europäer müssen unser Schicksal wirklich in unsere eigene Hand nehmen. Die Zeiten, in denen wir uns auf andere völlig verlassen konnten, die sind ein Stück weit vorbei. Donald Trump könnte für das Wiederentdecken der positiven Seiten Gesamt-Europas damit sogar ein Anstoßgeber sein. Für das krisengeschüttelte Europa entsteht neue Hoffnung – ein gutes Vorzeichen für die Aktienbörsen.
So oder so dürfte die konjunkturelle Entwicklung in Europa aber vorerst stabil verlaufen. Darauf deuten wichtige Frühindikatoren hin, wie z.B. die Einkaufsmanagerindizes, die sich seit Monaten im expansiven Bereich befinden. Die Unternehmen blicken positiv in die Zukunft, was auch der ifo-Geschäftsklimaindex des Monats Mai widerspiegelt, der den höchsten Stand seit seinem Bestehen erreicht hat. Auffällig ist allerdings, dass vor allem die aktuelle Lage durch die Unternehmen als sehr gut beurteilt wird. Bzgl. der Geschäftsaussichten ist man auch positiv, jedoch sind diese noch deutlich von historischen Höchstständen entfernt. Dazu passt, dass das Institut für Weltwirtschaft in Kiel in seinem gerade publizierten Konjunkturbericht eine Überauslastung der deutschen Wirtschaft diagnostiziert und vor zunehmenden zyklischen Abwärtsrisiken warnt.
Gleichzeitig besteht aber in Deutschland teils dringender Investitionsbedarf, z.B. in der (digitalen) Infrastruktur oder der Bildung. Wenn Deutschland also Investitionen benötigt, aber selbst die Kapazitäten nicht mehr hat, könnten Aufträge auch an Unternehmen aus dem europäischen Ausland vergeben werden. Die Alternative wäre, zu warten, bis die deutschen Kapazitäten wieder frei werden. Dann wären wir allerdings bereits im nächsten Abschwung. Zudem hätte der Investitions- und Technologiestandort Deutschland bis dahin wertvolle Zeit verloren.
Gewünschter Nebeneffekt dieser Vorgehensweise wäre eine ökonomische Unterstützung unserer Euroland-Nachbarstaaten und eine Steigerung der deutschen Importe mit der Folge eines abnehmenden positiven Außenbeitrags. Ein stärkeres Wachstum könnte die vielerorts noch immer teilweise vorhandene antieuropäische Stimmungslage weiter mäßigen. Denn eines ist klar: wenn Macron keinen Erfolg hat, hat Marine Le Pen bei der nächsten Wahl in Frankreich umso bessere Chancen.
Für die Kapitalmärkte sieht es vor diesem Hintergrund auch in den kommenden Monaten grundsätzlich gut aus. Aktien – und ggf. einzelne Rohstoffe – sollten von der konjunkturellen Dynamik und ggf. anspringenden Investitionen besonders profitieren. Verzinsliche Anlagen hingegen versprechen nach wie vor nur niedrigste Renditen und bergen das Risiko größerer Kursverluste im Falle eines Zinsanstiegs. Der Euro dürfte seine schwächste Phase zunächst hinter sich haben und mittel- bis langfristig tendenziell aufwerten. Mit Sicherheit werden die Börsen auch bis zum Jahresende wieder durch unerwartete Ereignisse beeinflusst, die die Kurse zwischenzeitlich auch einmal deutlich nach unten treiben könnten. Dagegen ist eine breite Risikostreuung und ein dynamisches Management der Kapitalanlage die beste Vorsorge.
Ein Polit-Greenhorn im Weißen Haus. Die ersten Monate der Trump-Präsidentschaft. DR. CHRISTOPH VON MARSCHALL
Fünf Monate im Amt – eine Welt voller Widersprüche
- Learning on the job, erster Präsident, der nie ein Wahlamt innehatte
- Wenig Verständnis für Gewaltenteilung, bisher Top-down gewohnt
- Viele Flops: Einreisestop, Gesundheitsreform, Steuerreform, Budget,
- Mehr Geld für Mauer, Militär und Infrastruktur
- Ein Erfolg: Supreme Court Richter Gorsuch
- 180-Grad-Wenden in der Außenpolitik: Russland, China, Nato, Nafta,
- Israel / Zwei Gegenbeispiele: TPP, Klimaabkommen
- Die Rolle der Berater, die Rolle der Familie (Jared Kushner)
- “Russian Connection” als Lähmung der Präsidentschaft
- Wie viel Geduld haben die zornigen Wähler an der Basis?
- Folgen für Deutschland: Werte, Strafzölle, Wahlmanipulation?
Chancen und Risiken der Digitalen Transformation – wie Big Data, FinTechs und Überwachung unser Leben verändern – Sascha Lobo, Blogger, Autor und Strategieberater
Sascha Lobo will Verständnis und Gespür für die Digitalisierung wecken, denn wir leben in einer besonderen Zeit. Das sagt man zwar schon seit 2000 Jahren, aber gegenwärtig trifft das wirklich zu: Aus einem simplen Mittagessen-Foto kann ein Datenstrom erzeugt werden, die dazu passende App zählt die Kalorien. Datenströme wirbeln schon ganze Branchen durcheinander, denn die Technologie verändert die Welt. Wichtig ist es, das Verhalten der Menschen im Umgang mit der Technik zu verstehen: Die Begeisterung ist schier grenzenlos, Menschen teilen privateste Daten, wenn man sie entsprechend motiviert. Die Gefahr liegt in der „Sofortness“, der digitalen Ungeduld. Im Plattformen-Kapitalismus entwickeln sich digitale Ökosysteme um Kundenbeziehungen, diese digitalisieren sich. Ein Teil der Wertschöpfung erfolgt bereits in der digitalen Sphäre. Daher sollte man den Fortschritt nicht aufhalten, sondern sich möglichst an der Gestaltung des digitalen Wandels beteiligen.