Chinas Regulierungsbehörden nehmen die Techgiganten des Landes an die kurze Leine

Geposted von Hans Heimburger am

Für Milliadär Jack Ma, den Mitbegründer der chinesischen Online-Handelsplattform Alibaba, müssen die Wochen seit Anfang November wie die Endlosschleife eines Horrorfilmes vorkommen. Seit der völlig überraschenden und kurzfristigen Absage des für Anfang November geplanten Börsengangs der Alibaba Fin-Tech-Beteiligung Ant (die Ameise), scheint nichts mehr zu sein wie es war. Aber der Reihe nach.

Alibaba, Tencent & Co. konnten sich lange nahezu ungehindert entwicklen

Die großen chinesischen Technologiekonzerne haben sich zwei Jahrzehnte lang wenig um Regulierer geschert. Wie bei den Techgiganten im Silicon Valley galt die Faustformel, die (digitalen) Geschäfte um jeden Preis nach vorne zu peitschen. Ziel war es, Fakten zu schaffen und Marktmacht aufzubauen.

Chinas Staatsführung erfreute sich lange der Innovationskraft von Unternehmen wie Alibaba, Baidu, Tencent oder Huawai. Je stärker sich diese Unternehmen auch im internationalen Maßstab entwickelten, desto größer wurde die Unabhängigkeit von den führenden US Technologiekonzernen. Entsprechend unbehelligt ließen die Behörden diese Unternehmen. In einer Reihe von Sektoren entstanden somit marktbeherrschende Monopole. Aufstrebende Technologiefirmen wurden teilweise systematisch aufgekauft, nicht nur um deren Technologieinovationen zu nutzen. Hier sollte frühzeitig möglicherweise unliebsame Konkurrenz ausgeschaltet werden.

Nun wendet sich das Blatt: Pekings Behörden kündigten eine Reihe von Regulierungsmaßnahmen an

Anfang November 2020 wollte Alibaba seine Fin-Tech-Beteiligung Ant Financial an die Börse bringen. Das Unternehmen war durch seine Bezahl-App „Alipay“ bekannt und groß geworden. Alipay ist mit rund 600 Millionen Nutzern weltweit die größte Payment- und Lifestyleplattform und hat über 50% Marktanteil im Onlinegeschäft der Volksrepublik China. Ein wichtiger Bestandteil des Geschäftsmodells von Ant ist auch die Vergabe von Online-Konsumentenkrediten. Es sollte der größte Börsengang in der Geschichte werden. Die Bewertung von Ant Financial wurde auf rund 300 Milliarden Dollar getaxt. Zwei Tage vor dem Börsenstart schritten die Behörden ein. In einer gemeinsamen Erklärung teilten die chinesische Zentralbank, die Wertpapieraufsichtsbehörde und andere Behörden Chinas  mit, Online-Kleinkredite künftig nicht nur stärker überwachen zu wollen. Auch sollen sie den gleichen Kapitalvorschriften unterliegen wie gewöhnliche Geldhäuser. Demnach müssen Unternehmen wie Ant Financial künftig 30 Prozent der Kredite, die gemeinsam mit Banken vergeben werden, selbst finanzieren. Bisher lag dieser Prozentsatz geschätzt bei unter 5.

Der gesamte Vorgang hat auch eine hochbrisante politische Note und es geht um die Demonstration der Macht seitens der kommunistischen Partei. Jack Ma hatte im Oktober 2020 auf einer Konferenz die chinesische Finanzaufsicht und das in seinen Augen ineffiziente (staatliche) chinesische Bankensystem öffentlich kritisiert. Diese Kritik scheint nicht besonders gut angekommen zu sein.

Die Aktienkurse der chinesischen Techwerte gerieten unter Druck

Die oben beschriebenen Vorgänge setzen die Börsenkurse der chinesischen Techwerte unter Druck (siehe folgender Chart).

Verschiedene chinesische Behörden ermitteln nun gegen Alibaba wegen angeblicher antimonopolistischer Praktiken und Ant wird unter den strengen Blicken der Finanzaufsicht eine Reihe seiner Geschäftsmodelle grundlegend überarbeiten müssen. Beide Internetkonzerne haben erklärt, vollumfänglich mit den Behörden zu kooperieren, so dass die wildesten Gerüchte bezüglich einer Zerschlagung der Unternehmen weit überzogen sind.

Nach einer Kurskorrektur von etwas mehr als 30% seit Anfang November 2020, erscheint uns Alibaba für den Langfristinvestor mittlerweile attraktiv bewertet zu sein.

Ein Blick auf unsere Asien- und Chinainvestments

Seit geraumer Zeit fokusieren wir unsere Investments in Asien (ex Japan) und China auf zwei hervorragende Fonds. Unser permanenter Austausch mit dem Fondsmanagement bestärkt uns einmal mehr in der positiven Einschätzung beider Häuser, die mit umsichtigen Investitionsentscheidungen die jüngsten Techturbulenzen ausgezeichnet meisterten.

 

 

 

 

 

Hans Heimburger ist Gesellschafter und Geschäftsführer der Gies und Heimburger GmbH und der CIO (Chief Investment Officer) für die 3ik-Strategiefonds.