Editorial der Freitags-Info vom 07.05.2021

Geposted von Thomas Boldt am

Corona verliert seinen Schrecken

Die Politik wählte drastische Worte. In Frankreich und Italien wähnte man sich im vergangenen Jahr gar im Krieg gegen den unsichtbaren Covid-Gegner. Hierzulande prägte Gesundheitsminister Spahn die Wendung von der Jahrhundertpandemie. Wir waren alle mächtig beeindruckt, darunter vor allem die europäischen Großbanken. So bildete man milliardenschwere Rückstellungen für erwartete Kreditausfälle. Man erwartete, dass die Schuldner ihre Verpflichtungen nicht mehr oder nur noch teilweise bedienen würden. Teils rechnete man sogar mit uneinbringlichen Totalausfällen.

Hier brachten die zurückliegenden Quartalszahlen der Kreditinstitute nun eine faustdicke Überraschung. Die europäischen Banken haben zu viel zurückgestellt. So hat etwa die Deutsche Bank ihre Rückstellungen nun deutlich senken können und auf diese Weise einen satten Sondergewinn im letzten Quartalsbericht ausgewiesen. Die gesamte Branche bzw. ihre Aktien haben von diesem Effekt erheblich profitiert.

Was sagt Ihnen diese kleine, aber wichtige Nebeninformation? Wir haben die Auswirkungen der Pandemie mutmaßlich überschätzt. Es verdichten sich die Anzeichen, dass die westlichen Volkswirtschaften doch nicht dauerhaft geschädigt worden sind. Weit mehr Unternehmen als bisher angenommen haben ihre Kreditverpflichtungen bedient. Zwar erleben oder werden wir sicherlich eine veritable Insolvenzwelle erleben, aber voraussichtlich nicht so schlimm wie befürchtet.

Vielfach sind sowieso davon Unternehmen betroffen, die auch schon vor der Krise nicht mehr ganz fest im Sattel saßen. Wir dürfen optimistisch sein, dass das Virus keine grundsätzlich intakten Marktplayer töten wird. Anders formuliert: Die Basis bleibt unangetastet und steht zur Verfügung, damit die Wirtschaft Produktions- und Gewinnausfall des vergangenen Jahres wieder rasch aufholt.

Für uns als Anleger ist das logischerweise eine sehr angenehme Nachricht. Sie sagt uns, dass die bisherige Erholung des Aktienmarktes durchaus auf soliden Beinen steht und dass unsere Erwartungen an die Unternehmen weitgehend realistisch und erfüllbar sind.

Nach einer fulminanten Rallye der „stay-at-home-Aktien“ lohnt es sich jetzt wieder ein Blick auf die unterbewerteten Substanzaktien zu werfen.

An den Weltbörsen zumindest haben in den letzten Wochen die Favoriten gewechselt, gerade weil das Thema Covid-19 nicht mehr für den großen Schrecken sorgt.

Thomas Boldt und das gesamte Team von Gies & Heimburger wünscht Ihnen ein sonniges Wochenende

Direktor Privatkunden Gies und Heimburger GmbH