Don‘t fight the fed – wette nicht gegen die amerikanische Notenbank
Der vergangene Dienstag war für Zinsoptimisten, die von alsbald fallenden Zinsen in Amerika ausgingen, kein guter Tag. US-Notenbankpräsident Jerome Powell sagte bei der turnusmäßigen Senatsanhörung (testimony), dass der FOMC (Offenmarktausschuss = das zwölfköpfige Gremium, das die amerikanische Geldpolitik festlegt) seinen Leitzins weiter anheben wird als zuvor angekündigt und, falls die eingehenden Daten dies rechtfertigen, eine Rückkehr zu einem schnelleren Straffungstempo in Erwägung ziehen würde (d. h. 50 Basispunkte pro Sitzung anstelle der 25 Basispunkte auf der Februar-Sitzung).
Hinzu kommt, dass der Anstieg der erwarteten Zinssätze am Dienstag auf einen Monat folgt, in dem sie bereits deutlich angestiegen waren. Seit dem Arbeitsmarktbericht vom Januar, der weit über den Erwartungen lag, hat eine Reihe von guten US-Konjunktur- und Preisdaten zu einer deutlichen Neubewertung der Zinserwartungen geführt. Auch die heutigen Arbeitsmarktdaten lagen mit 311.000 neu geschaffenen Stellen wiederum über den Erwartungen von „nur“ 224.000 neuen Jobs. Dies signalisiert, dass die amerikanische Konjunktur kurzfristig immer noch viel Dampf im Kessel hat.
Die Fed hat so etwas wie die Quadratur des Kreises zu bewerkstelligen. Sie muss einerseits weiterhin die Inflation bekämpfen, d.h. die Zinsen mit hoher Wahrscheinlichkeit weiter erhöhen und andererseits läuft die Notenbank damit Gefahr, die Konjunktur zu stark abzuwürgen, und eine Rezession herbeizuführen.
Wie die Aussage vom Dienstag des Fed-Vorsitzenden Powell deutlich gemacht hat, hängen die kurzfristigen Aussichten für die Fed-Politik und damit auch für die Finanzmärkte in ungewöhnlichem Maße von einer Handvoll Daten ab, die in den nächsten Wochen veröffentlicht werden.
Zu allem Überfluss beginnt es in Teilen der amerikanischen Finanzindustrie „im Gebälk zu knirschen“. Bei der Silicon Valley Bank (SVB), einem der größten Finanziers von Startups in Amerika, tut sich eine milliardenschwere Kapitallücke auf. Das Bank-Institut steht womöglich kurz vor dem Kollaps. Dies wäre immerhin die zweitgrößte Bankenpleite in der Geschichte der USA und es geht die Angst vor einem Domino-Effekt um, der auch die US-Großbanken in Mitleidenschaft ziehen könnte. Dann wäre wiederum die amerikanische Notenbank als „lender of last resort“ (Kreditgeber der letzten Instanz) gefordert. Und dies ist in dem aktuellen Inflationsumfeld fast schon mehr als die oben genannte Quadratur des Kreises.
Ich wünsche Jerome Powell und seinen Mitstreiterinnen und Mitstreitern einen klaren Blick auf die Fakten und eine glückliche Hand in dieser schwierigen Gemengelage.
Hans Heimburger und das gesamte Team von Gies & Heimburger wünschen Ihnen ein erholsames Wochenende