Deutsches Stromnetz in niederländischer Hand
Die deutschen Stromnetze waren noch bis 2010 im Besitz von großen Energieversorgern. Drei dieser Stromtrassen gehörten den deutschen Konzernen RWE, E.ON und EnBW und eines dem schwedischen Riesen Vattenfall. Das alle vier ihre Netze vor 14 Jahren ausgliederten und teilweise oder komplett verkauften lag seinerzeit den der EU. Im dritten Energiepaket, vom EU-Parlament 2009 verabschiedet, wurde festgelegt, dass die Erzeugung und der Netzbetrieb nicht mehr von demjeweils selben Konzernen angeboten werden soll. Ziel dieser Entscheidung war, dass die Energieriesen keine monopolistische Stellung mit einer solchen Marktmacht erhielten und somit den Verbrauchern nicht beliebig ihre Preise diktieren konnten.
In der Folge wurde das deutsche Stromnetz, immerhin fast zwei Millionen Kilometer, auf vier Stromnetzbetreiber aufgeteilt.
Der Übertragungsnetzbetreiber 50Hertz verteilt den Strom im Ostteil des Landes also in den neuen Bundesländern. Der Westen mit Teilen Niedersachsens, einem Großteil von Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, das Saarland sowie Teile von Baden-Württemberg und Hessen betreibt das Unternehmen Amprion. Im Südwesten, dem restlichen Teil von Baden-Württemberg ist TransnetBW der Besitzer des Stromnetzes.
Schließlich wäre da noch der Netzbetreiber Tennet der einen dicken Mittelstreifen von Schleswig-Holstein und der gesamten Nordseeküste bis einschließlich Bayern mit Strom beliefert. Und genau ebenjenerniederländische Stromnetzbetreiber besitzt seit 2010 die Anteile zur Stromlieferung für die oben beschriebene Region.
Schon seit Jahren gibt es indes Bemühungen seitens der deutschen Politik dem niederländischen Staat diesen Teil des Stromnetzes abzukaufen. Der Traum von Wirtschaftsminister Harbeck ist oder besser gesagt war, alle vier Netzbetreiber unter dem Dach einer Netz AG zu vereinen. Diesen Traum gilt es nun zu beerdigen. Denn der Verkauf von Tennet an den Bund ist gescheitert. Damit ist dieses sinnvolle Projekt bildlich gesprochen auf der Zielgeraden gescheitert. Der Grund ist einfach – Deutschland hat kein Geld dafür! Finanzminister Christian Lindner zog den Stecker bei erwarteten Ausgaben zwischen 20 und 25 Milliarden Euro für den Erwerb von Tennet.
Das Ansinnen der Niederlande für den Verkauf ist verständlich, denn die Investitionen in den für die Energiewende notwendigen Ausbau von Stromtrassen können schnell die 100 Milliarden Grenze überschreiten. So viel Geld muss in die Hand genommen werden, um sog. Stromautobahnen zu bauen die den, im Norden produzierten Windstrom, in den energiehungrigen Südentransportiert.
Nach dem geplatzten Deal soll das Tennet Netz ganz oder mindestens teilweise an private Investoren fallen oder an die Börse gehen. Für uns Verbraucher keine guten Nachrichten. Denn Investoren erwarten hohe Renditen, die man mit dem Netzbetrieb erwirtschaftet. Diese können sie aber nur über die Netzentgelte erzielen, die sich schon heute im Strompreis verstecken.
Die Netzentgelte treiben schon heute die Stromtarife deutlich in die Höhe, weil die Netzbetreiber hohe Renditen erwirtschaften dürfen. Diese Entwicklung dürfte sich unter neuen Privatinvestoren noch verschärfen. Die unausweichliche Folge: Der ökologische Umbau durch E-Autos, Wärmepumpen und grüne Industrieanlagen wird sich weiter verzögern. Stromkunden werden also leiden – und am Ende des Tages noch mehr das Klima.
Andreas Rosner und das gesamte Team von G&H wünschen Ihnen ein schönes Wochenende und einerfolgreiches Achtelfinale unserer Nationalmannschaft bei Fußball EM.