Am vergangenen Donnerstag hatte Mario Draghi mit seinen Äußerungen zur Euro-Rettung große Erwartungen an den Märkten geweckt und eine 300-Punkte Ralley im DAX ausgelöst. Auf der heutigen Pressekonferenz nach der EZB-Ratssitzung konnter er diese hohen Erwartungen nicht erfüllen: die Leitzinsen bleiben unverändert und unkonventionelle Maßnahmen wurden nur angedeutet. Dies quittierten die Aktienmärkte, vor allem in Europa, mit kräftigen Kursverlusten im Nachmittagshandel.
Der DAX fällt von 6.840 auf aktuell 6.570 Zähler (nachbörslich)
Mit seiner Londoner Rede am vergangenen Donnerstag hatte Mario Draghi die Aktienmärkte stark beflügelt und die Meßlatte für die heutige EZB-Sitzung sehr hoch gelegt. Viele Marktteilnehmer haben bereits auf der heutigen Pressekonferenz der Europäischen Zentralbank ganz konkrete Hinweise und Ankündigungen erwartet, wie die EZB die Zinslast für (bestimmte) EWU-Länder zu senken gedenkt (Stichwort: Anleihenkaufprogramm). Diese Erwartungen wurden nicht erfüllt. Die Aktienmärkte reagierten sehr verschnupft und gaben im Laufe des Nachmittags deutlich nach (siehe nachfolgenden Chart). Auch der Euro gab seine kurzfristigen Gewinne (er war bis rund 1,24 zum US Dollar gestiegen) wieder ab und notiert aktuell bei 1,2160.
Die EZB wird nur beherzt handeln, wenn die Politik ihre Hausaufgaben macht
Eine aktivere Rolle, die klar in Aussicht gestellt wurde, bei der Bekämpfung der Staatsschuldenkrise haben die europäischen Währungshüter an Bedingungen geknüpft: die betroffenen Staaten (gemeint sind Spanien und Italien) müssen zunächst die notwendige Hilfe bei den Rettungsschirmen EFSF/ESM beantragen und im Gegenzug strenge Auflagen akzeptieren. Wenn dies gegeben ist, wird die Notenbank Staatsanleihen am Sekundärmarkt kaufen, um so die hohen Zinsen dieser Anleihen zu senken. Somit hat es die EZB vermieden einen „rein monetären“ Rettungsweg zu bestreiten, der nach unserem Dafürhalten zum Scheitern verurteilt ist.
Fazit:
Mit Blick auf die zukünftige Entwicklung hat die EZB besonnen agiert. Sie weiss, dass die Krise zunächst auf politischer Ebene angepackt und eine Lösung auf den Weg gebracht werden muss. Danach machen auch unkonventionelle Maßnahmen zur Unterstützung dieser Entwicklung seitens der Zentralbank Sinn (aber nur dann). Vor der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes am 12. September zur Rechtmäßigkeit des ESM wird sich die EZB zurückhalten. Damit bleibt der notwendige Druck auf die Staaten bestehen, ihre Hausaufgaben zu erledigen. Dieser Schachzug dürfte vor allem auch der Verdienst der Bundesbank unter ihrem Chef Jens Weidmann sein.