Der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) in Frankfurt entschied gestern, den Leitzins auf dem Rekordtiefstand von 0,75 Prozent zu belassen. Obwohl sich der Euroraum auch zu Beginn des neuen Jahres in der Rezession befindet, sehen die Notenbanker im Eurotower aktuell keine Notwendigkeit für weitere Zinssenkungen.
Draghi erwartet eine Erholung der Konjunktur im Jahresverlauf
Nach der ausgeprägten Schwäche der europäischen Konjunktur im vierten Quartal 2012 und einem nur verhaltenen Start in 2013 erwartet der Präsident der europäischen Zentralbank, Mario Draghi, eine allmähliche Verbesserung der Situation in den kommenden Monaten. Die Inflationsrate sieht der EZB-Chef in den nächsten Wochen unter die Zielmarke von 2 Prozent fallen, was sicherlich ein Ergebnis der schrumpfenden Wirtschaftsleistung im Euro-Raum ist.
Die EZB betrachtet die Wechselkursentwicklung mit Sorge
Mit Spannung hatte man auf die Wortwahl von Mario Draghi im Zusammenhang mit der Wechselkursentwicklung des Euro gewartet. Angesichts der Abwertung des japanischen Yen zum Euro um rund 25 Prozent seit Mitte November 2012 und der Schwäche des US-Dollars in den zurückliegenden Wochen, haben bereits die Schlagwörter „Währungskrieg“ und „Abwertungswettlauf“ die Runde gemacht.
Mario Draghi erwies sich hier als souveräner Geldpolitiker, der um die Bedeutung und das Gewicht seiner Worte weiß. Er vermied es Öl in das Feuer zu gießen und suchte eher beschwichtigende Worte: „Die Änderungen der Wechselkurse sind kein gezielter Wettbewerb zur Abwertung. Der Wechselkurs ist kein geldpolitisches Ziel, aber wichtig für Wachstum und Preisstabilität“. Gleichzeitig betonte er die Unabhängigkeit der EZB. Dies konnte man schon als Fingerzeig in Richtung Japan verstehen, wo die Notenbanker in dramatisch kurzer Zeit zu Marionetten der dortigen neuen Regierung mutierten, wie der Blick auf den nachfolgenden Chart verdeutlicht.
Fazit:
Mario Draghi hat sich klug verhalten und eine verbale Eskalation der jüngsten Währungsturbulenzen vermieden. Gleichwohl hat er zwischen den Zeilen deutlich gemacht, dass die EZB auch an der Wechselkursfront ein aufmerksamer Beobachter des Geschehens ist. Allein diese Wortwahl hat den Eurokurs gegen den US Dollar seit gestern um 1,32% und um 2,60% gegen den Yen abgeschwächt.