EZB läßt den Leitzins unverändert

Geposted von Hans Heimburger am

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat die Leitzinsen nach ihrer gestrigen Sitzung nicht gesenkt. Eine Minderheit der Marktteilnehmer hatte auf eine Senkung des Leitzinses gehofft. In seinen Ausführungen auf der Pressekonferenz machte EZB-Chef Mario Draghi deutlich, dass die Geldpolitik der europäischen Zentralbank „akkommodierend“ – also locker – sei und dies auch auf absehbare Zeit bleiben wird.

Die Kreditbedingungen sind in der Euro-Peripherie unbefriedigend

Mit Sorge blickt die EZB auf die Kreditversorgung kleiner und mittlerer Unternehmen in den südlichen Mitgliedsstaaten der Währungsunion. Diese Unternehmen haben dort erhebliche Probleme, von den Banken in ausreichendem Maße Kredite zu erhalten. Angesichts der schrumpfenden Wirtschaft in Ländern wie Italien, Spanien oder Portugal verschärfen die Banken die Bedingungen für Ausleihungen, um auch bewußt die eigenen Bilanzen zu verkürzen und die Risikokapitalquoten zu verbessern. Notwendige Investitionen können von den Unternehmen auf Grund von Kapitalmangel  nicht umgesetzt werden. Dies bremst die wirtschaftlichen Aktivitäten, schafft keine Arbeitsplätze und setzt einen regelrechten Teufelskreis in Gang.

Die EZB hofft auf eine allmähliche Wirtschaftserholung im zweiten Halbjahr

Nach wie vor sieht die europäische Notenbank eine Erholung der Konjunktur im Euroraum im Verlauf der zweiten Jahreshälfte. Hier hoffen die Notenbänker auf eine positive Sogwirkung der robusten globalen Konjunkturentwicklung. Allerdings bestehen auch „Abwärtsrisiken“ für diese Prognose, etwa wenn der jeweilige Binnenkonsum in den einzelnen Ländern hinter den Erwartungen zurückbliebe. Auch dürfe das Tempo der Strukturreformen nicht nachlassen, denn ohne die notwendigen Reformen ist eine Erholung der Volkswirtschaften kaum möglich.

Draghi sieht Zypern nicht als „Muster“ für zukünftige Rettungsaktionen

Sehr deutlich hat Mario Draghi zu diesem Themenkomplex Stellung bezogen. Er bezeichnete es als Fehler zunächst auch Sparguthaben unter 100.000 Euro zur Bankenrettung heranziehen zu wollen. Dieser Fehler sei dann aber zügig revidiert worden. Zypern kann auf Grund des speziellen Geschäftsmodelles der dortigen Banken nicht als generelle Blaupause für zukünftige Rettungsaktionen in anderen Ländern gelten. Der EZB-Chef hat hier erneut den Ball in das Feld der Politiker geworfen. Es müssen nun sehr schnell verbindliche Regeln zur Abwicklung von Banken ausgearbeitet und verabschiedet werden. Zusätzlich müssen die Banken für ausreichende Kapitalpuffer in ihren Bilanzen sorgen.

Fazit
Die EZB hat gestern eine weiterhin lockere Geldpolitik signalisiert. Die Tür für eine weitere Zinssenkung im Jahresverlauf bleibt weit offen. Allzu hohe Erwartungen an eine schnelle wirtschaftliche Belebung in Europa hat die EZB offensichtlich nicht. Die Notenbank steht für weitere geldpolitische Maßnahmen Gewehr bei Fuß, wohl wissend, dass mit jedem zusätzlichen Schritt der zukünftige Handlungsspielraum geringer wird.

 

 

Hans Heimburger ist Gesellschafter und Geschäftsführer der Gies und Heimburger GmbH und der CIO (Chief Investment Officer) für die 3ik-Strategiefonds.