Bundesregierung plant Verbot von offenen Immobilienfonds

Geposted von Holger Lüttke am

Offene Immobilienfonds stellten über Jahrzehnte eine gute und bequeme Möglichkeit dar, auch kleinere Summen in Sachvermögen zu investieren.

Offene Immobilienfonds sind stets für grundsätzlich langfristige Investitionen gedacht

Grundsätzlich handelt es sich um eine Anlageform, die auf Langfristigkeit ausgerichtet ist. Darüber sollte sich jeder Anleger, der in diese Art der Geldanlage investiert, auch im klaren (gewesen) sein. Auch wenn es in der Vergangenheit vor dem Ausbruch der Finanzkrise immer die Möglichkeit gegeben hatte, die Fondsanteile an die Fondsgesellschaft zurück zu geben, war der offene Immobilienfonds als eine langfristige Anlage konzipiert. Als Vermögensverwalter wissen wir das und beachten es auch bei allen Anlageentscheidungen für unseren Kunden.

Offene Immobilienfonds waren viele Jahre lang trotzdem jederzeit liquide

Durch eine vorsichtige Liquiditätssteuerung seitens der Kapitalanlagegesellschaft war es in normalen Zeiten immer möglich gewesen, dass Anleger ihre Fondsanteile wieder zu Liquidität, sprich Bargeld, machen konnten. Erst durch den Ausbruch der Finanzkrise 2008 und der damit entstandenen Vertrauenskrise, wurden massiv Gelder aus den offenen Immobilienfonds abgezogen, so dass die Liquiditätsreserven der Fonds rasch erschöpft waren. 

In der Finanzkrise änderten sich die Rahmenbedingungen

Die Situation wurde damals durch Aussagen von Politikern verschärft, die medienwirksam prononcierten, dass alle Spareinlagen sicher seien. Damit lösten sie, vermutlich ungewollt, eine Verkaufswelle von verängstigten und verunsicherten Anlegern aus, die ohne nachzudenken, ihre Fondsanteile von Renten-, Aktien und Immobilienfonds zurück geben wollten und das frei gewordene Geld zu den Banken brachten. Bei den Wertpapierfonds war das leicht zu bewältigen. Die Fondsgesellschaften verkauften einfach über die Börse die in den Fonds enthaltenen Wertpapiere, was zwar zu Kursrückgängen an den Märkten führte, aber zu meistern war. Die offenen Immobilienfonds traf es deutlich härter, denn sie hatten das Geld der Anleger gesetzeskonform in Immobilien zu investieren. Diese Immobilien wurden nicht börsen-minütlich neu bewertet, so dass – so lange die Liquidität reichte – eine Rückgabe der Anteile zu stets kalkulierbaren Kursen (= dem aktuell veröffentlichten NetAssetValue) möglich war. Damit waren diese Immobilienfonds zeitweise die einzige Investition, die ohne Kursverluste liquidiert werden konnten.

Als die gesetzlich vorgesehenen Liquiditätsreserve durch Anteilsrücknahmen erschöpft waren, wurden die Fonds teilweise illiquide und mussten, auch gesetzeskonform, vorübergehend geschlossen werden. Immobilien lassen sich eben nicht von heute auf morgen verkaufen. Dies führte zu weiteren Vertrauensverlusten.

Die Immobilienfonds haben die Krise nicht verursacht – sie sind eher ein Opfer der Entwicklungen

Tragisch ist jedoch, dass offene Immobilienfonds mit der Finanzkrise und deren Entstehung überhaupt keinen Zusammenhang haben. Zu bemängeln ist einzig die Praxis einiger Kapitalanlagegesellschaften, dass sie es institutionellen Anlegern erlaubten, auch kurzfristig als eine Art Geldmarktfondsersatz, Mittel in Milliardenhöhe in diese Fonds zu investieren. Der Rückzug dieser Gelder verschärfte die Situation.

Die Vorkommnisse, die zur Notlage der offenen Immobilienfonds geführt haben, sind meiner Meinung nach zweifelsohne zu identifizieren. Der Versuch der Bundesregierung, durch eine Novellierung der Gesetze die aufgedeckten Missstände zu eliminieren und die Anleger besser zu schützen, ist bereits auf den Weg gebracht worden. Dies hat z.B. dazu geführt, dass es für offene Immobilienfonds Mindesthaltefristen gibt und die Höhe der Rückgaben betraglich begrenzt ist.

Jetzt ist ein Verbot der Offenen Immobilienfonds geplant

Bevor deren Wirksamkeit überprüft werden kann, wird nun jedoch laut Presseberichten von der Bundesregierung unter Federführung von Minister Schäuble erwogen, offene Immobilienfonds ganz zu verbieten, präziser: die Neuauflage zu untersagen. Er hält die Produkte nach der Finanzkrise für nicht mehr zeitgemäß. Vor allem Kleinsparer sollen auf diesem Wege vor Verlusten geschützt werden, indem ihnen der Zugang zu riskanteren Anlageformen verwehrt wird. 

Kommentar:
Was hier geschieht, ist die Entmündigung des Bürgers, der dann nicht mehr in der Lage wäre, selbst zu entscheiden, in welche Anlageformen er sein Erspartes investieren möchte. Jeder Anleger ist gut beraten, in verschiedene Anlageklassen zu streuen. Dies gilt heute mehr den je zuvor. Die Möglichkeit, in Sachvermögen zu investieren, wäre damit gerade für Kleinanleger, die nicht solvent genug sind, sich bspw. eine Eigentumswohnung oder ein Haus zu leisten, für immer verbaut. 

Auch wenn wir als Vermögensverwalter seit Ausbruch der Finanzkrise aktiv nicht in offenen Immobilienfonds investiert gewesen sind, empfinden wir ein Verbot dieser Anlageklasse als die falsche Antwort, Anleger vor Verlusten oder riskanten Anlagen zu schützen. Nach den Vorkommnissen um die Finanzkrise und die aktuell schwellende EU Finanzkrise muss mittlerweile jedem Anleger klar sein, dass es mit Sicherheit keine sichere Geldanlage geben kann und jede Anlageform gewisse Anlagerisiken aber auch Anlagechancen beinhaltet. Insofern hat der offene Immobilienfonds, wenn auch unter anderen Rahmenbedingungen, eine zweite Chance verdient.

 

Holger Lüttke ist Direktor Privatkunden der Gies und Heimburger GmbH, Hauptniederlassung Kelkheim und Mitglied des Anlageausschusses.