Die EZB verhält sich taktisch klug

Geposted von Hans Heimburger am

Feiertagsbedingt tagten die europäischen Währungshüter bereits am Mittwoch über die aktuelle Geldpolitik. Der Zentralbankrat beließ bei seiner Sitzung den Leitzins unverändert und kündigte auch keine sonstigen kurzfristigen Hilfen für die klammen Staaten in Südeuropa an.

Draghi wiederstand dem Druck aus Großbritannien

Im Vorfeld des Treffens der Notenbänker war vor allem aus der angelsächsischen Welt ein gewisser verbaler Druck hinsichtlich einer Zinssenkung auf die EZB ausgeübt worden. Davon ließen sich Mario Draghi und seine Kollegen offensichtlich nicht beeindrucken oder gar beeinflussen. Draghi machte mit deutlichen Worten klar, dass die EZB keinesfalls der verlängerte Arm der Politik, sondern eine eindeutig unabhängige Institution ist. Wie ich finde, geht die EZB sehr umsichtig vor. Sie übernimmt nicht die Aufgaben der Politik, indem sie etwa rein präventiv geldpolitische Maßnahmen beschließen würde.

Nur in der umgekehrten Reihenfolge wird ein Schuh daraus: die Politiker in Europa müssen schleunigst ihre Hausaufgaben erledigen. Dann wird die EZB dies auch mit geeigneten Schritten unterstützen. Der EZB-Hauptrefisatz blieb jedenfalls am Mittwoch unverändert.

EZB muss vermutlich neue Liquiditätshilfen bereitstellen

Allerdings wird die Situation für die Notenbanker im Euro-Tower ungemütlicher. Auf Grund der mangelnden Aussicht auf einen raschen politischen EWU-Einigungsprozess und der aktuellen Krisenverschärfung (siehe Spanien) wird sie – gegen ihren Willen – immer stärker in die Rolle des Brandbekämpfers gedrängt. Neue Liquiditätshilfen sind wohl nur noch eine Frage der Zeit.

Für 2013 weiterhin positive Prognosen für die BIP-Entwicklung

Die Einschätzung der wirtschaftlichen Lage hat sich gegenüber dem Vormonat nur wenig verändert. Die BIP-Erwartung für das Gesamtjahr 2012 bleibt bei -0,1%. Die Schätzung für das Jahr 2013 änderte die Zentralbank marginal von +1,1% auf +1,0%. Die Notenbank erwartet weiter eine allmähliche Konjunkturerholung im Euroraum, sieht aber durch die Verschärfung der Krise in Spanien gestiegene Abwärtsrisiken.

Inflationsrate für 2013 wird weiterhin unter 2% erwartet

Ihre Inflationseinschätzung für 2012 und 2013 mit 2,4% bzw. 1,6% hat die EZB bestätigt. Nach wie vor erwartet sie zu Jahresbeginn 2013 einen Rückgang der Inflationsrate unter 2,0%.

 

Zur Würdigung dieser Inflations-Erwartung wollen wir allerdings darauf hinweisen, dass die offiziellen Prognosen und auch die auf Erhebungen aufbauenden Statistiken immer nur soweit richtig sind, wie die Vorgaben (insbesonders die Zusammensetzung des bewerteten Warenkorbes) die tatsächlichen Verhältnissen unseres täglichen Lebens wiederspiegeln. Die gefühlte Inflationsrate stimmt sowohl in Deutschland als auch in anderen Ländern nicht immer mit den statistischen Angaben überein.

Hans Heimburger ist Gesellschafter und Geschäftsführer der Gies und Heimburger GmbH und der CIO (Chief Investment Officer) für die 3ik-Strategiefonds.