Das Geheimnis einer Bärenmarktrallye
Die Rede des US-Notenbankchefs Powell auf dem Jackson Hole Meeting vergangenen Freitag hat die Aktienmärkte wieder auf den Boden der Tatsachen zurückversetzt. Die Zins- und Konjunkturängste sind wieder da. Die vielversprechende Erholung ist wie ein Kartenhaus in sich zusammengefallen. Deswegen werfen wir heute einen Blick auf die Geheimnisse der Bärenmarkt-Rallys.
In einer Baisse gibt es mehrere Erholungsbewegungen – Bärenmarktrallys
Bärenmarkt-Rallys sind die „Korrekturen“ in einer Baisse. Sie kennen bereits Korrekturen aus Haussephasen. Oft fallen die Kurse dann über ein paar Tage oder wenige Wochen um bis zu 10%. Ausgelöst werden diese Bewegungen meist durch Gewinnmitnahmen. In Baissen ist es umgekehrt. Hier erholen sich die Kurse nach einer Abwärtsbewegung, was durch mutige Käufe von Optimisten und Eindeckungen von Baisse-Spekulanten hervorgerufen wird.
Bärenmarkt-Rallys sind eine Sache von Tagen oder Wochen, nicht Monaten
Die Analyse-Firma Ned Davis Research hat Bärenmarkt-Rallys der letzten Jahrzehnte untersucht und kam zu folgendem Ergebnis: Der Median der Zwischenerholungen liegt bei 11,5% über 39 Tage. Grundsätzlich sind Bärenmarkt-Rallys keine Sache von Monaten oder Quartalen, sondern von Tagen oder Wochen. Die stärkste Erholungsbewegung (innerhalb einer Baisse) der Geschichte fand im Herbst 1931 statt. Damals kletterten die Aktien um 30,6% innerhalb von etwas mehr als 4 Wochen. Weil die preislichen Ausmaße von Bärenmarkt-Rallys sehr stark variieren, achten Sie lieber auf die verstrichene Zeit. Dabei ist es auch zu berücksichtigen, wie lange die laufende Baisse schon dauert und wieviel die Kurse schon verloren haben.
Wie lang dauern Baissen im Allgemeinen und gibt es Unterschiede?
Laut der Untersuchung von 30 Baissen durch Ned Davis Research lag der durchschnittliche Rückgang bei 29,7% bei einer Dauer von 341 Tagen, also fast einem Jahr. Dabei kommt es auch drauf an, ob es zu einer wirtschaftlichen Rezession kommt oder nicht. Bärenmärkte ohne negatives Wirtschaftswachstum sind milder und kürzer. Die Statistik ermittelt hier nur einen 25% Kursrückgang über 9,1 Monate. Nur die letzten 50 Jahre betrachtet lagen die Zahlen sogar bei gerade 18% über 6,8 Monate. Aber wie sieht es bei einer Rezession aus?
Baissen, die von Rezessionen begleitet werden, sind ausgeprägter!
Ein Bärenmarkt, der von einer Rezession in der Wirtschaft begleitet wird, ist deutlich ausgeprägter. Die Kurse fallen im Schnitt sogar um 35% und benötigen dafür 15,3 Monate. Angesichts des Kampfes gegen die Inflation mit Zinserhöhungen, der hohen Energiepreise im Allgemeinen und der geopolitischen Unsicherheiten, ist die eine Rezession eher wahrscheinlich als vermeidbar.
Was bedeutet das jetzt für die Märkte?
Wenn Sie von einer Rezession ausgehen und die Statistik als Kompass nehmen, dann könnten die Kurse bis Mitte April kommenden Jahres noch um weitere 20% fallen. Aber vergessen wir André Kostolanys Worte nicht: „Erstens kommt an der Börse immer anders und zweitens als man denkt“.
Genießen Sie das Wochenende. Sonnige Grüße von
Thomas Boldt und dem gesamten Team von Gies & Heimburger