Editorial der Freitags-Info vom 03.04.2020

Geposted von Thomas Boldt am

Die Krise als Chance

Der Corona-Virus hat den Börsen heftig zugesetzt. Aus Angst vor einer Rezession stürzten die Börsenkurse weltweit ab. Ist der Sturz an den Börsen nun beendet? Diese Frage ist schwer zu beantworten, aber es gibt durchaus Anzeichen daran zu glauben.

Rasant ging es an den Börsen in den vergangenen Wochen nach unten. Gegenüber seinem Hoch verlor der Dax knapp 40%, beim S&P 500 sind es rund 30%. Bei Kursrückgängen um mehr als 20% spricht man von einem Bärenmarkt. Hierzulande gab es seit 1960 auf Basis des zurückgerechneten Dax bislang 13 solcher Abwärtszyklen. Im Durchschnitt dauerte es 18 Monate, bis Aktien ihr Tief erreicht hatten. Der Mittelwert der Kursrückgänge betrug 39%. Wofür der Dax also in der Vergangenheit 1,5 Jahre benötigte, hat er diesmal binnen eines Monats vollzogen.

Allerdings besteht nun die Hoffnung, dass sich die Kurse langsam stabilisieren. Hoffnung auf eine allmähliche Bodenbildung macht die niedrige Bewertung. Insbesondere das Kurs-Buchwert-Verhältnis (KBV) hat sich in der Vergangenheit häufig als verlässlicher Indikator erwiesen. Bei einem KBV von 1 fand der Dax bei früheren Kurseinbrüchen allmählich Halt. Derzeit liegt der Buchwert des Dax bei rund 8.200 Punkten. Der Buchwert ist vereinfacht gesagt das Vermögen eines Unternehmens, also zum Beispiel Fabriken, Maschinen, Immobilien und Grundstücke abzüglich der Schulden. Bei einem Buchwert von 0,9 zahlt der Anleger vereinfacht gesagt 90 Cent und erhält dafür Werte für einen Euro – also eigentlich ein gutes Geschäft.

Aus Sicht von Carsten Roemheld, Kapitalmarktstratege von Fidelity International, spricht auch für ein baldiges Ende der Krise, dass es sich um eine ereignisbezogene Krise handelt, die nicht mit der Finanzkrise von 2008 zu vergleichbar ist. „Ereigniskrisen waren bisher deutlich kürzer und haben sich schneller erholt als zyklische und strukturelle Krisen“, sagt er.

Das Problem ist: „Wird aus Corona doch noch eine systemische Krise mit hohen Ausfallraten im Kreditbereich, problematisch werdenden Staatsschulden und Rissen im Bankensektor wäre wohl erst beim 0,7-fachen Buchwert ein Haltepunkt erreicht. Und der würde dann erst bei 6400 Dax-Punkten liegen“, sagt Chris-Oliver Schickentanz, Chef-Anlagestratege der Commerzbank.

Wie sollten sich Anleger jetzt verhalten?

„Die großen Vermögen werden in der Krise geschaffen“, sagt der Frankfurter Fondsmanager Hendrik Leber. „Wer jetzt einen kühlen Kopf behält und unterbewertete Aktien langfristig wachstumsstarker Unternehmen kauft, wird damit viel Geld verdienen.“

So groß die Chancen auch sind – es kann immer noch mal runtergehen. Vor allem die Situation in den USA ist unübersichtlich. Hier beginnen die Maßnahmen erst langsam zu greifen. Außerdem ist die Gefahr einer Bankenkrise noch nicht gebannt, auch wenn die Notenbanken mit massiven Hilfen versuchen, das zu verhindern.

Anleger sollten daher nicht alles auf eine Karte setzen, sondern nach und nach in den Markt einsteigen. Das heißt: Sie teilen das Geld, das sie investieren wollen, in Tranchen auf und investieren dieses nach und nach. So haben Anleger noch Reserven, wenn es noch einmal runter gehen sollte und haben damit die Möglichkeit, noch einmal günstig nachzukaufen. Außerdem sollten Sie einen langfristigen Anlagehorizont berücksichtigen.

Hat die Krise nicht gezeigt, dass Aktien viel zu riskant sind?

Der Absturz der Kurse dürfte viele Skeptiker darin bestärkt haben, von Aktien die Finger zu lassen. Allerdings: Wem Aktien zu riskant sind, sollte bedenken, dass bis auf weiteres die Zinsen nicht steigen werden. Die Staaten müssen sich massiv verschulden, um ihre Wirtschaft zu unterstützen. Die Notenbanken sind damit fast gezwungen, die Zinsen niedrig zu halten, weil sonst die Staaten unter ihren Schulden zusammenbrechen. Es bleiben damit praktisch nur noch Aktien übrig, wenn man sinnvolle Altersvorsorge betreiben und dennoch liquide bleiben will.

Thomas Boldt und das gesamte Team von Gies & Heimburger wünscht Ihnen ein sonniges Wochenende.

Bleiben Sie gesund!

 

Direktor Privatkunden Gies und Heimburger GmbH