Editorial der Freitags-Info vom 06.05.2022

Geposted von Andreas Rosner am

Dreht die EU Russland den Ölhahn zu?

Den Ruf nach drastischen sowie schmerzhaften Sanktionen gegenüber dem Kriegstreiber Russland gibt es seit dem Einmarsch der russischen Armee in der Ukraine am 24.02.2022! Viele Sanktionen hat es seitdem auf vielen Ebenen gegeben aber bei dem Thema Ölembargo war man innerhalb der EU gespalten. Auch in Deutschland gab es heftige und teils hitzige Debatten ob eine Abkehr von Energie Importen wie etwa Öl und Gas aus Russland die heimische Wirtschaft nicht zu stark beeinflussen und die eh schon stark gestiegenen Inflation weiter anschieben würde.

Doch seit dieser Woche zeichnet sich ab, es ist ein Ölembargo seitens der EU gegenüber Russland geplant. In einem stufenweisen Vorgehen mit Übergangsfristen dreht die EU Russland den Ölhahn zu! Mit diesem Vorgehen will man den wirtschaftlichen Schaden dämpfen und in Ruhe nach alternativen Versorgungswegen suchen.

Ziel der EU

Das Ölembargo soll das Kernstück eines sechsten Sanktionspaketes sein mit dem Russland zur Beendigung seiner selbstgenannten Militärische Sonderoperation bewegen will. Ein Plan, der aufgehen kann, da der Ölexport eine wichtige Deviseneinnahme Quelle Russlands ist. Immerhin 50 Prozent seines Ölvorkommens exportiert Russland in die EU.

Auswirkungen EU

Die unmittelbaren Auswirkungen wären wegen der Übergangsregelungen, die man u.a. für Ungarn und die Slowakei plant (sie haben die höchste Abhängigkeit vom russischen Öl) eher marginal. Zu rechnen ist aber mit einem kurzfristigen Anstieg des Preises für Öl und Benzin/Diesel! Bundesminister Harbeck geht aber nicht davon aus, dass dadurch Deutschland in eine Ölkrise schlittert. Fachleute warnen, dass Russland von sich aus die Lieferung von Öl und Gas einstellt mit dann noch deutlicheren Preissteigerungen als jetzt schon absehbar. Sollte Moskau keine Vergeltungsmaßnahmen dieser Art verhängen ist der Schaden für die europäische Wirtschaft gut zu verkraften.

Auswirkungen Russland

Für Russland wären die Folgen sicherlich wesentlich gravierender. Der Verkauf von Öl ist Russlands wichtigste Einnahmequelle. Man schätzt, dass ein Drittel des Staatshaushaltes von Öleinnahmen finanziert wird. Hinzu kommt, dass Russland Probleme haben wird Abnehmer für das sprudelnde Öl zu finden. Länder wie Indien, die weiterhin auf den Lieferanten Moskau setzen, können nicht beliebig viel Öl aufnehmen. Schon jetzt hat das Land ca. 80 Prozent seines Jahresbedarfs eingelagert. Um noch Abnehmer zu finden, müssen die russischen Ölkonzerne die Preise kräftig nach unten anpassen. Schon jetzt liegt der Abschlag der russischen Ölsorte Urals im Vergleich zur europäischen Sorte Brent bei über 30 Dollar je Barrel! Sollten die Verkaufszahlen nicht signifikant steigen, wird Russland einen Teil seiner Ölproduktion stilllegen müssen.

Alternativen für Russland

Sollte die EU als Importeur ausfallen kann sich Moskau Hoffnungen machen, einen Teil seiner Lieferausfälle mit dem Export nach China und Indien aufzufangen. Aber auch dieses Vorhaben lässt sich wirtschaftlich nur schwer umsetzen, da einerseits die Qualität des russischen Öls nicht mit der anderer Förderländer mithalten kann und Transportkapazitäten für die Versorgung Asiens nicht ausreichend vorhanden sind.

OPEC +

Noch gibt es keine Anzeichen, dass die OPEC Länder die Angebotslücke durch Steigerung der Fördermengen ausgleichen. Zu Beginn des Ukraine Krieges viele Verbraucherländer gehofft, dass eine schnelle Rückkehr der sanktionierten OPEC Staaten Iran rund Venezuela auf dem Weltmarkt den Wegfall russischen Öls kompensieren können. Doch noch zeichnet sich kein Verhandlungserfolg in Bezug auf das iranische Atomabkommen ab. Auch ist es aktuell nicht möglich, die brachliegende Ölindustrie in Venezuela schnell zu aktivieren. Und dass Russland als Mitglied im OPEC + einer deutlichen Ausweitung der Fördermengen zustimmen wird, ist sicher auch mehr als fraglich.

Bleiben Sie gesund, halten Sie bitte weiterhin Abstand und genießen Sie das Wochenende.

Andreas Rosner und das gesamte Team von Gies & Heimburger

Andreas Rosner ist Direktor Privatkunden der Gies und Heimburger GmbH.