Editorial der Freitags-Info vom 08.09.2023

Geposted von Louisa Heimburger am

Veränderungen – wann und wie beginnen wir?

Die Sommerferien gehen nun auch in Baden-Württemberg zu Ende und am Montag beginnt der Schulalltag. In den vergangenen Wochen wird in unserem Lande viel über dringend notwendige Veränderungen auf nahezu allen Ebenen diskutiert. Gemeinsame Anstrengungen des Bundes, der Länder und auf kommunaler Ebene sollen stattfinden.

Ich frage mich dann, wie dies geschehen soll? Wer initiiert in Ministerien und Behörden den Bürokratieabbau? Wer setzt denn klare Ziele, deren Erreichen möglicherweise (nein, ganz sicher) viele Jahre dauernde Projekte erfordert? Dabei muss dann hin und wieder auch der Ast abgesägt werden, auf dem man gemütlich und vorteilhaft sitzt. Das ist kein einfaches Unterfangen.

Ich schrieb eingangs vom Schulalltag, der nun nach den Sommerferien wieder beginnt. Ausgezeichnete Bildung gehörte untrennbar zur großen Erfolgsgeschichte unseres Landes nach dem zweiten Weltkrieg. Allerdings scheint mir diese Erkenntnis irgendwie verloren gegangen zu sein und dies leider auf zwei Ebenen.

Erstens sehe ich die Lehrerausbildung in Deutschland, mit dem föderalen System im Bildungssektor, deutlich aus der Zeit gefallen. Eine Ochsentour von vielleicht sechs bis sieben Jahren Universitätsstudium, mit einer fast zwangsläufig hohen Abbrecherquote, mit viel zu wenig pädagogischer Schulung und Praxis, behebt mit Sicherheit nicht den chronischen Lehrermangel. Hier sind grundlegende Reformen zwingend geboten und zwar Reformen, die diesen Namen auch verdienen. Wer hat hier den Mut für das berühmte weiße Blatt Papier für die einschneidenden Veränderungen?

Zweitens erlaube ich mir auch einen Appell an die Elternhäuser. Bildung ist in meinen Augen ein hohes Gut, das in den Familien m.E. eine zentrale Position einnehmen muss. Das ist im Zeitalter der omnipräsenten sozialen Medien kein einfaches Unterfangen. Wenn man dem Sohn oder der Tochter im Alter von vielleicht acht bis zehn Jahren ein Smartphone schenkt (versuchen Sie mal dies länger hinauszuzögern – keine Chance), dann ist dies schon ein Stück weit die Auslieferung der jungen Menschen an eine anonyme, nur schwer zu kontrollierende oder einzugrenzende Macht. Dies müssen wir uns täglich bewusst machen.

Wie soll in dieser medialen Dauerberieselung eine Fokussierung auf Bildung noch funktionieren? Ich kann Ihnen kein Patentrezept an die Hand geben, nur aus meinem langjährigen Erfahrungsschatz berichten. Ich sah in meinem eigenen Umfeld immer dann gute Erfolge, wenn das Thema Bildung und Ausbildung fortlaufend Gegenstand des Austausches mit den jungen Menschen war. Es geht hier ganz bestimmt nicht darum Leistungsdruck aufzubauen, sondern ein bildungsfreundliches Umfeld zu schaffen mit einer Wertschätzung für die Institution Schule und die Lehrer/innen.

Bestimmt lohnt es sich an diesem spätsommerlichen Wochenende über die Veränderungen nachzudenken und Umsetzungspläne zu schmieden, die man im eigenen Umfeld vornehmen kann. … „Frage nicht, was dein Land für dich tun kann – frage, was du für dein Land tun kannst.“… rief John F. Kennedy seinen amerikanischen Mitbürgern in seiner Amtsantrittsrede im Januar 1961 zu. Ich denke oft an dieses Zitat und erachte es für immer noch zeitgemäß oder geradezu brandaktuell!

Hans Heimburger und das gesamte Team von G&H wünschen Ihnen ein schönes und sonniges Wochenende