Der erste Zinsschritt ist getan
Die US-Notenbank Fed erhöhte am vergangenen Mittwoch den Leitzins um 25 Basispunkte. Dies war nun weiß Gott keine Überraschung mehr, denn die Altvorderen der Notenbank hatten diesen Schritt seit mehreren Wochen sehr deutlich angekündigt.
Die US-Notenbanker bekundeten in klaren Worten ihre Absicht, alles zu tun, um die zuletzt stark angestiegenen Inflationserwartungen wieder zu dämpfen. Beachtliche sieben Zinsschritte mit jeweils 25 Basispunkten sehen die Mitglieder des Offenmarktausschusses bis Ende 2022. Somit würde der Leitzinskorridor auf 1,75 Prozent bis 2 Prozent ansteigen.
Für das Jahr 2023 werden vier weitere Zinsanhebungen auf dann 2,75 Prozent bis 3 Prozent erwartet, was über den bisherigen Markterwartungen liegt. Die Fed ist sehr spät dran. Sie hat in meinen Augen recht sträflich, die bereits seit dem Frühjahr 2021 deutlich aufziehenden Inflationswolken einfach nicht sehen wollen, bzw. den längerfristigen Charakter der Inflationstreiber unterschätzt. Nun ist stringentes Handeln gefordert und dabei kann die Fed wenig Rücksicht auf erste Anzeichen einer konjunkturellen Verlangsamung nehmen.
Das mit der Inflation ist so ähnlich wie mit dem Geist, den man aus der Flasche entweichen lässt. Ist er erst einmal aus seinem Gefängnis befreit, ist es sehr schwer, ihn wieder einzufangen. Ich wählte das „Flaschengeist-Motiv“ bewusst, weil es als literarisches Motiv weitaus optimistischer daherkommt als das verwandte Motiv der „Büchse der Pandora“. Während der Flaschengeist überlistet werden kann – sprich die Inflation wieder unter Kontrolle gebracht werden kann, vollzieht sich das Verhängnis der Pandora unaufhaltsam.
Wir können nun keiner Notenbank dieser Welt vorwerfen, dass sie den völkerrechtswidrigen und verbrecherischen Krieg von Putin und seinen Spießgesellen im Kreml gegen die Ukraine hätte vorhersehen können. Faktisch wirkt dieser Krieg jedoch (wie alle Kriege) inflationstreibend, zumal mit Russland eine der wichtigen „Tankstellen“ dieser Erde involviert ist. Dies macht die Entwicklung so gefährlich, weil nur bedingt, mit den Mitteln der Geldpolitik kontrollierbar.
Die Europäische Zentralbank will der amerikanischen Federal Reserve mit Zinserhöhungen zunächst mal nicht folgen. Dabei müssen wir uns leider immer vergegenwärtigen, dass die EZB eben nicht nur die Preisstabilität im Auge hat. „…unser vorrangiges Ziel besteht darin, Preisstabilität zu gewährleisten, also den Wert des Euro zu wahren. Preisstabilität ist unabdingbar für das Wirtschaftswachstum und die Schaffung von Arbeitsplätzen – zwei Ziele der Europäischen Union. Sie stellt den wichtigsten Beitrag dar, den die Geldpolitik auf diesem Gebiet leisten kann…“ So die Theorie. In der Praxis erlebten wir eine Geldpolitik, die versuchte, auch den Befindlichkeiten der hochverschuldeten Südländer Rechnung zu tragen. Dies meine ich nun gar nicht böse oder zynisch. Es ist schlicht die Realität. Ich persönlich glaube nicht, dass wirklich jemand die genauen Auswirkungen von mittlerweile 14 Jahren (per Saldo) extrem lockerer Geldpolitik vollumfänglich einschätzen kann. Da werden wir in den kommenden Monaten (und Jahren) möglicherweise noch manche Überraschung erleben.
Bleiben Sie gesund und genießen Sie das Wochenende
Hans Heimburger und das gesamte Team von Gies & Heimburger