Die Inflation legte sich mit der falschen Notenbank an
Am vergangenen Mittwoch konnte Jerome Powell im Rahmen der Pressekonferenz, nach den zweitägigen Beratungen der amerikanischen Notenbank, einen gewissen Stolz bezüglich der Erfolge bei der Inflationsbekämpfung in den zurückliegenden rund zwei Jahren nicht gänzlich verhehlen. Dies ist insofern wichtig und richtig, weil die Inflation die schwächsten Glieder der Wirtschaftskette, Menschen mit geringem Einkommen, am härtesten getroffen hat. Dies hatten Jerome Powell und seine Kolleginnen und Kollegen stets sehr sorgenvoll im Auge behalten und deshalb so konsequent den Kampf gegen die Inflation geführt und gewonnen. Über die Ursachen des zurückliegenden Inflationsschubs will ich mich an dieser Stelle nicht auslassen, denn da gäbe es durchaus berechtigte Kritik an den Damen und Herren Währungshüter.
Ein erster großer Zinsschritt eröffnet den Zinssenkungszyklus
Die Senkung des Leitzinses um 50 Basispunkte war zuletzt von der Mehrheit der Marktteilnehmer erwartet worden. Mir persönlich wären 25 Basispunkte etwas plausibler gewesen, da sich die amerikanische Wirtschaft jüngst in einer sehr robusten Verfassung präsentierte und auch der Arbeitsmarkt nach meinem Dafürhalten zuletzt kaum Schwächesignale lieferte. Gleichwohl betonte Powell, dass sein Haus, nach der Eindämmung der Inflation, im Rahmen des dualen Mandates der Fed (Preisstabilität und Vollbeschäftigung) nun verstärkt den Blick auf die Solidität des Arbeitsmarktes richtet. Somit ist die Senkung der Leitzinsen um 0,50 Prozent durchaus als vorsorgliche Maßnahme zu verstehen.
Wie weit werden die Zinsen fallen?
Im Standardrepertoire der Notenbankerantworten, auf die Frage nach dem Umfang der kommenden Zinssenkungen, ist die Betonung von der Abhängigkeit der hereinkommenden Daten von Meeting zu Meeting stets enthalten. Nimmt man die Zinsfutures als Maßstab, dann erwarten die Marktteilnehmer bis Ende 2025 weitere Zinssenkungen der Fed von insgesamt 200 Basispunkten. Dieses Szenario geht von einem Softlanding der US-Konjunktur aus. Diese Erwartung entspricht derzeit der Mehrheitsmeinung. Abweichungen nach oben und unten werden vom weiteren Verlauf der US-Konjunktur bestimmt und die können bisweilen heftig sein.
Keine starren Denkmuster
Nach meinem Dafürhalten sind wir gut beraten keine in Beton gegossene Denkmuster an den Tag zu legen. Der Ursprung des vergangenen Inflationsschubes liegt m.E. sehr klar in der Art und Weise, wie in den entwickelten Volkswirtschaften während der Pandemie seitens der Regierungen und der Notenbanken agiert wurde. Das sprichwörtliche Helikoptergeld war der überwiegende Preistreiber. Eine Wiederholung dieser Vorgehensweise wird es nicht geben. Ob die vergangenen Zinserhöhungen doch noch ihren konjunkturellen Tribut fordern, werden uns die kommenden Monate aufzeigen.
Hans Heimburger und das gesamte Team von G&H wünschen Ihnen ein angenehmes und sonniges Wochenende.