Inflation, Rezession, Baisse – Gefahr für unser Finanzsystem?
Die Nachrichtenlage ist alles andere als günstig. Die Inflation hat sich nahezu weltweit erst einmal festgebissen. Die Verbraucher leiden und müssen nun den Gürtel enger schnallen. Die Unternehmen leiden unter steigenden Kosten für Vorprodukte und unter anhaltendem Arbeitskräftemangel. Unter diesen Bedingungen tun sich selbst beste Unternehmen und Marktführer schwer.
Im Ergebnis fahren nun die Notenbanken die Zinsen massiv hoch, und die Aktienmärkte verlieren praktisch quer durch die Bank. Mittlerweile wird zudem immer offensichtlicher: eine globale Rezession dürfte sich kaum noch vermeiden lassen.
Inflation, Rezession und Baisse: Das klingt nach scharfer Dreifach-Krise, die das Finanzsystem nachhaltig beschädigen kann, oder?
Gemach, gemach! Werfen wir zunächst einen Blick zurück. Im Prinzip hat alles im März 2020 angefangen, als die Pandemie von Asien auf die westlichen Zentren ausgriff. Die Regierungen haben den Lockdown erklärt und umfassend Hilfsgelder in den Markt gepumpt. Bereits 2021 haben wir das Virus gedanklich ad acta gelegt. Da waren wir leider zu schnell.
Denn in diesem Jahr wird nun offensichtlich, dass das Virus die Lieferketten massiv beschädigt hatte. Ganz generell war und ist die Angebotsseite gestresst. Es fehlen Rohstoffe, Vorprodukte oder Dienstleistungen. Stichwort: Unter anderem Chip- oder Arbeitskräftemangel. Der Ukrainekrieg wirkte dann zusätzlich wie eine Art Brennglas. Das Ereignis zerstörte vor allem den Energiemarkt, insbesondere den Gasmarkt.
Entspannung ist allerdings absehbar. Denn Deutschland wird sich als zentraler Gasverteiler Europas zur Jahreswende an den großen und äußerst flexiblen Flüssiggas-Markt anschließen. Der Ölpreis ist ohnehin jetzt schon nicht mehr der ganz große Belastungsfaktor. So ist der Ölpreis im Jahresvergleich zwar um rund 20 % gestiegen. Das ist schon viel Holz, aber solche Preisauftriebe hat der Markt auch in der Vergangenheit – und auch ohne Krieg – schon oft gesehen. Russisches Öl hat sich übrigens im Jahresvergleich sogar leicht verbilligt.
Ich erinnere zudem daran, dass jetzt schon die Gasspeicher in Deutschland prall gefüllt sind. Noch nie zuvor haben wir zu diesem Zeitpunkt des Jahres ähnlich hohe Reserven in den unter- und oberirdischen Speichern gehabt. Die Medienberichterstattung zu bevorstehenden Versorgungsengpässen kann ich sachlich nicht nachvollziehen
Sobald die Energiefrage verlässlich gelöst ist, wird sich auch die Inflation schlagartig reduzieren. Nicht gleich wieder bis zur perfekten Preisstabilität. Allerdings wird die Teuerung im nächsten Jahr auf ein mindestens erträgliches Niveau zurückgehen.
Die Gefahr Rezession: Eine konjunkturelle Abkühlung wird uns wohl kaum erspart bleiben. Hier tappen wir noch im Dunklen und können im Moment noch nicht absehen, wie tief diese Rezession wird und wie lange sie anhalten wird.
Trotzdem: Man sollte den Sachverhalt nicht heißer kochen, als er wirklich ist. Ich behaupte, auch ohne Pandemie und Ukraine wäre die globale Wirtschaft für eine konjunkturelle Pause reif gewesen. Denn hinter uns liegt ein starker 10-jähriger Zyklus, der die Börsen auf Rekordstände gehievt und die Volkswirtschaften in die Vollbeschäftigung gebracht hatte.
In dieser Situation nimmt das Wachstumspotenzial ganz natürlich ab. Wir sollten es also nehmen, wie es immer ist und immer sein wird. Zur Marktwirtschaft gehören auch Belastungsfaktoren wie Rezession oder temporäre Inflation. Und zum Aktienmarkt gehört eben auch die Baisse und die Bereinigung überzogener Bewertungen.
Eine tiefgreifende oder systemische Krise hingegen kann ich nicht erkennen. So gilt: Wir werden jetzt alle in den nächsten Wochen etwas ärmer, ruinieren wird uns die Krise allerdings nicht!
Thomas Boldt und das gesamte Team von Gies & Heimburger wünschen Ihnen ein schönes Wochenende