Mit hoher Wahrscheinlichkeit keine Erdgasknappheit in diesem Winter
Noch ist es zu früh für eine komplette Entwarnung und die Unsicherheiten der Wetterprognosen kennen wir zur Genüge. Allerdings ist ein aktueller Erdgas-Speicherfüllstand von 83 Prozent eine solide Kalkulationsbasis für den restlichen Winter.
Die Wetterprognosen sehen für die kommenden zwei Wochen keinen wirklichen Frost in den Ballungsräumen vor. Zudem wird in der nächsten Woche mit viel Wind gerechnet, so dass die Windräder wieder einen ordentlichen Beitrag zur Stromerzeugung liefern werden.
In den vergangenen zwölf Jahren erfolgte in der zweiten Februar-Hälfte lediglich einmal ein Flachland-Wintereinbruch, nämlich im Jahr 2018 (22. Februar bis 3. März). Der März bescherte in den vergangenen zwölf Jahren maximal fünf Tage hintereinander Winterwetter im Flachland.
Hier scheint uns die Erderwärmung, man mag es ja kaum aussprechen, in die (Gas-) Karten zu spielen. Ein Füllstand der Erdgasspeicher oberhalb von 65 Prozent für Ende März 2023 deutet sich als ein realistisches Szenario an. Damit werden wir am Ende des Winters eklatant über den Minimum-Füllständen der Jahre 2018 -2022 (weniger als 30 Prozent) stehen.
Dies hat natürlich sehr direkte Auswirkungen auf die Entwicklung des Gaspreises, denn somit entfällt im Frühjahr und Sommer eine starke und teure Auffüllung der Speicher. Es gibt LNG-Tanker, die seit zwei Monaten in spanischen Gewässern kreuzen, ohne ihre Ladung zu löschen. Anscheinend warten die Betreiber auf bessere Preise. LNG-Tanker verlieren pro Tag etwa 0,15% ihrer Ladung. Dies ist die sogenannte BOR (Boil-off-Rate). Nach einem Monat beträgt der Verlust 4,1% und nach zwei Monaten 8,3%. Würde ein Tanker sechs Monate auf einen besseren Preis warten, hätte er 25% seiner Ladung verloren. Der Druck, die Ladung zu löschen, steigt mit jedem Tag, den ein Tanker auf dem Meer „verplempert“.
Wenn man diese Gedanken zusammenfügt und zu Ende denkt, dann ist ein erneuter und vor allem starker Anstieg des Gaspreises in Europa in den kommenden Monaten kaum zu erwarten. Dies sind gute Nachrichten für alle Verbraucher. Aber weiterhin ist das beste Gas jenes, das gar nicht verbraucht wird und somit auch erst gar nicht gefördert werden muss.
Bleiben Sie bitte gesund und denken Sie daran, dass der Wochenendspaziergang bei jedem Wetter seinen Reiz hat.
Hans Heimburger und das gesamte Team von Gies & Heimburger