Zypern hat einen Anteil von 0,2% am Bruttoinlandsprodukt der Euro-Zone. In Anbetracht dieser Tatsache haben die aktuellen Ereignisse um diesen Inselstaat bereits recht hohe Wellen an den Kapitalmärkten geschlagen. Der niederländische Finanzminister Jeroen Dijsselbloem hat gestern in seiner zusätzlichen Funktion als Eurogruppen-Chef mit Äußerungen, dass die Vorgehensweise in Zypern eine Leitlinie für die Handhabung von Bankenrestrukturierungen in der Eurozone insgesamt darstelle, bei Bankkunden und den Anteilseignern der Kreditinstitute die Alarmglocken schrillen lassen. Sollten Banken in Schwierigkeiten geraten, „wird die Antwort nicht länger automatisch lauten: Wir werden kommen und eure Probleme lösen“, sagte Dijsselbloem.
Die europäischen Politiker müssen ihr Krisenmanagement deutlich verbessern
Die vergangenen Tage haben uns aber auch sehr deutlich gezeigt, dass die Europapolitiker nach fast drei Jahren Eurokrise noch weit davon entfernt sind, die auftretenden Probleme professionell zu behandeln. Unterschiedliche Äußerungen und Interpretationen des Gesagten haben die Verunsicherung hoch gehalten. Schuldzuweisungen gingen wechselseitig von einer Hauptstadt zur anderen. Drei Dinge scheinen uns aber sehr bedeutsam zu sein.
1. Es ist für die Zukunft nur schwer vorstellbar, dass ein Mitgliedsstaat der Eurozone sein Geschäftsmodell bzw. das Geschäftsmodell seiner Banken so einseitig und unter Mißachtung bestehender Gesetze (Stichwort Geldwäschevorkehrungen) aufbauen kann.
2. Das zentrale Bekenntnis der EZB (Draghi-Put), im Notfall unbegrenzt Staatsanleihen von (wichtigen) Staaten zu kaufen, hat Bestand und besitzt nach wie vor absolute Glaubwürdigkeit. Die Zinsen für italienische und spanische Staatsanleihen sind in den vergangenen Tagen nur wenig angestiegen. Insofern kann bisher von einer Ausbreitung der Zypernkrise auf andere Sorgenländer nicht die Rede sein.
3. Die Reformierung der europäischen Banken und die Anpassung ihrer Geschäftsmodelle muss voranschreiten. Europas Banken sind gerade im Vergleich zu ihren Konkurenten in den Vereinigten Staaten groß. In Amerika entspricht die Bilanzsumme aller Kreditinstitute etwa 80 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung. In den 27 EU-Staaten liegt der Vergleichswert bei fast 350 Prozent des Bruttoinlandsprodukts.
Fazit:
Den subtilen Umgang mit den eigenen Interviewsätzen muss Jeroen Dijsselbloem sicherlich noch optimieren. In der Sache hat er allerdings zu 100 Prozent recht. Die Zypern-Hilfe zeigt die neue und richtige Richtung an: die Kosten für eine Abwicklung oder Restrukturierung der Banken dürfen nicht in erster Linie den Steuerzahlern (in anderen Ländern) aufgebürdet werden, sondern müssen vor allem von den Aktionären, Gläubigern und auch den Großanlegern getragen werden. Wer die Vorteile des Geschäftsmodelles genossen hat, muss auch die negativen Folgen tragen. Zypern ist mit seinem aufgeblähten Bankensektor ein Sonderfall, der nicht auf das gesamte Euroland übertragen werden kann. Insofern ist das Wort „Blaupause“ mit Vorsicht zu genießen. Die Denkrichtung der Euro-Verantwortlichen geht nach unserem Dafürhalten in die absolut richtige Richtung.
Wir haben in unseren Veröffentlichungen wiederholt das Thema „schleichende Enteignung“ von Sparern, Versicherungskunden und Anleihegläubiger aufgegriffen. Die Ereignisse in Zypern gehen in die absolut gleiche Richtung, mit dem Unterschied, dass die Bankkunden nicht schleichend enteignet werden, sondern auf einen Schlag. Darüber lohnt es sich gründlich nachzudenken.