Wie weit werden die Renditen noch in das negative Terrain vordringen?
Eine Rendite von -0,7 Prozent für 10-jährige deutsche Staatsanleihen war für die allermeisten Marktteilnehmer vor wenigen Jahren schlicht nicht vorstellbar. Heute ist dies Realität und die Frage lautet, wie weit können die Renditen noch in den negativen Bereich vordringen?
Bei Geldanlagen mit kurzen Laufzeiten beantworten die Notenbanken mit ihrer Geldpolitik diese Frage. Für den Euro-Raum also die Europäische Zentralbank (EZB). Hier wissen wir, dass die EZB gewillt ist, den Einlagensatz noch weiter abzusenken – von aktuell -0,4% auf möglicherweise -0,6%.
Die EZB will sich damit gegen die schwachen Konjunkturaussichten in der Euro-Zone stemmen. Ob allerdings eine weitere Zinssenkung überhaupt noch Nutzen stiftet oder bereits jetzt die negativen Nebenwirkungen dieser Zinspolitik überwiegt, wird dieser Tage von Fachleuten sehr kontrovers diskutiert. Der Vorwurf der verdeckten Staatsfinanzierung durch neue Anleihekaufprogramme der Notenbank, ist kaum von der Hand zu weisen. Und durch solche Anleihekaufprogramme (QE – Quantitative Easing) beeinflusst die EZB auch die Renditen bei lange laufenden Anleihen.
Absurdistan läßt grüßen!
Niemals zuvor waren die Renditen Griechenlands und Italiens der Null-Limie so nahe wie jetzt. Und wer weiß, vielleicht wird dieser Rubikon überschritten, nichts lässt sich derzeit ausschließen. Risiken werden nicht mehr gesehen. Offenbar sind die Marktteilnehmer der Meinung, dass Staatspleiten ein Relikt aus der Vergangenheit sind und 132% Verschuldungsquote Italiens (in Relation zum Bruttoinlandsprodukt) überhaupt kein Problem darstellt.
Der Markt spielt aktuell die Situation, dass die Schulden der einzelnen Euro-Staaten schon längst in einem allgemeinen Topf stecken und wir Bundesbürger auch den Kopf für zum Beispiel die Italiener (und deren Dolce Vita, deren Steuergeschenke nach Wahlen….) hinhalten. Als Bürger wurden wir hierzu nie gefragt. Genausowenig haben die Bürger die wahnwitzige EZB-Politik legitimiert. Aber die Rechnung wird uns eines Tages präsentiert werden und auch dann werden wir vermutlich vorher wieder nicht gefragt werden.
Der langjährige Trend zu sehr tiefen Zinsen ist nachvollziehbar
Für den grundsätzlichen Trend der fallenden Renditen seit vielen Jahren gibt es gute Argumente. Die Globalisierung, die technische Revolution, die Produktivitätssteigerung und die alternde globale Gesellschaft ließen die Infaltion deutlich schrumpfen und sind die Hauptgründe für diese Entwicklung. Eine generelle Umkehr dieses Trends – also die große Zinswende – ist nicht in Sicht und per Saldo sind weitere Renditerückgänge durchaus denkbar.
Allerdings sehen wir in den vergangenen zwei Monaten eine gewisse Übertreibung der Märkte und eine temporäre Gegenbewegung mit Renditeanstiegen halten wir für wahrscheinlich.