Die Wirtschaft stagniert bei gleichzeitig steigenden Preisen
Noch ist es nur eine Vorahnung, aber diese könnte bald zur Wirklichkeit werden. Wenn die wirtschaftliche Entwicklung stagniert oder gar rückläufig ist aber gleichzeitig die Preise steigen, sprechen Volkswirte von der Stagflation.
Das Wort „Stagflation“ setzt sich aus den Begriffen „Stagnation“ und „Inflation“ zusammen und beschreibt eine unheilvolle Verbindung zweier wirtschaftlicher Phänomene: Bei einer Stagflation geht ein sehr geringes oder abnehmendes Wirtschaftswachstum (Stagnation) mit steigenden Preisen (Inflation) einher.
Blick in die Vergangenheit – Jom Kippur Krieg
Das Auftreten einer Stagflation ist ein eher seltenes Phänomen und trat zuletzt 1973 in Erscheinung. Auslöser war damals der Jom Kippur Krieg. Am 06. Oktober 1973 überfiel eine von Ägypten und Syrien angeführte Koalition arabischer Staaten an Jom Kippur (höchster jüdischer Feiertag) Israel. Lange sah es nach einer Niederlage Israels aus bis der damalige US-Präsident Nixon entschied, militärische Unterstützung zu liefern. Dank dieser Unterstützung drehte sich das Blatt zugunsten Israels. Doch der Preis dieses Eingreifens seitens der USA war sehr hoch. Die arabischen Erdölförderer, angeführt von Saudi-Arabien, verhängten ein Embargo u.a. gegen die USA und draus entwickelte sich die Ölkrise von 1973. Damals vervierfachte sich der Ölpreis von 3 auf 12 US-Dollar je Fass.
Dieser Preisschock traf die US-Wirtschaft zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt denn in den USA war bereits im Vorfeld – seit Mitte 1972- die Inflation stark auf 7,4 % gestiegen. Die US-Notenbank bekämpfte diesen Inflationsanstieg mit einer signifikanten Straffung der Geldpolitik. Zwischen Januar und September 1972 verdoppelte sich die Zinsen und stiegen auf mehr als 10 Prozent. Nach einem weiteren Anstieg der Inflation auf 12 % und der Zinsen auf 13 % fiel die US-Wirtschaft in eine Rezession (stagnierendes oder negatives Wirtschaftswachstum). Das Phänomen Stagflation war Realität!
Parallelen zu heute
Anhand der Geschichte wird deutlich, warum viele Ökonomen eine Stagflation für so gefährlich halten: Je mehr die Preise steigen, desto schwächer wächst die Wirtschaft und desto mehr Menschen werden arbeitslos – und es ist außerordentlich schwer, diesem Kreislauf zu entkommen. Die Stagflationsphase der 1970er-Jahre zog sich knapp acht Jahre bis in die 1980er-Jahre hinein. Und die Bilder gleichen sich zur aktuellen Lage sehr stark! Auch in der aktuelle Situation kam es bereits im Vorfeld des Ukraine Krieges zu deutlichen Inflationsschüben und auch die Zinsen wurden, allen voran von der US-Notenbank, angehoben. Durch Lieferengpässe ausgelöst von gestörten Lieferketten nahm auch das Wachstum in den letzten Monaten ab. Der einzige Parameter, der jetzt noch fehlt, ist das Abgleiten der Wirtschaft in eine Rezession. Ein sehr zuverlässiger Indikator, um das Bild einer aufkommenden Rezession anzuzeigen ist der Zins in den USA. Sollte dort eine inverse Zinskurve entstehen, d.h. der kurzfristige Zins (2 Jahres Treasury) über den langfristigen (10 Jahres Treasury) steigen ist fast schon sicher, dass es zu einer Rezession kommt. Aktuell liegen beide Zinssätze auf gleichem Niveau um die 2,35 %.
Somit sind nach der volkswirtschaftlichen Lehre alle Voraussetzungen für eine Stagflation gegeben
steigende Inflation
Straffung der Geldpolitik
Angebotsschock an den Rohstoffmärkten
eine Rezession
hoch bewertete Aktienmärkte
Was bleibt ist die Hoffnung ,dass einige Parameter zum Stillstand kommen oder es nicht so lange dauert bis sich die Situation wieder zu normalisieren!
Bleiben Sie gesund, halten Sie bitte weiterhin Abstand und genießen Sie das Wochenende.
Andreas Rosner und das gesamte Team von Gies & Heimburger