Brexit und die Folgen?
Das Vereinigte Königreich hat bewegende Zeiten hinter sich. Queen Elisabeth verstarb im letzten Herbst nach mehr als 70 Jahren Regentschaft. Niemand saß länger auf dem britischen Thron als sie!
Seitdem ist Unruhe im Königshaus. Prinz Harrys Biografie fördert dabei so manche pikante Details über sich und das Königshaus zutage. Dies sind für die royalen Fans sicher spannende Tage, aber England durchläuft aktuell eine weitaus größere Krise.
Drei Premierminister und vier Finanzminister in einem Jahr – Kontiunität in der Regierung sieht sicher anders aus. Rekordverdächtig war das Ausscheiden von Liz Truss, die nach 44 Tagen im Amt Downing Street 10 wieder verlassen musste. Schnell drängt sich dabei der Verdacht auf dass es für diese Misere einen Schuldigen gibt – den Brexit. Die dafür verantwortlichen Politiker sind mittlerweile von der Bildfläche verschwunden. Die Architekten des Brexit, Nigel Farage oder auch Boris Johnson spielen in der Politik so gut wie keine Rolle mehr. Eine Mehrheit hatte der Brexit vor allem in ländlichen Gegenden in England und Wales, während sich die Bevölkerung in Schottland, Nordirland sowie vielen englischen Städten für den Verbleib aussprach. Hinzu kam, dass es beim Referendum keine klare Vorstellung vom Brexit gab. Bis Ende 2019 wurde daher darüber gerungen, wie weit sich das Land von der EU, ihrem Binnenmarkt und der Zollunion entkoppeln – oder ob sogar ein zweites Referendum stattfinden sollte. Im Jahr 2020 war es dann so weit, der EU-Austritt des Vereinigten Königreichs wurde im Januar vollzogen.
Zwei Jahre sind seitdem vergangen und so langsam zeigt sich das England in schwieriges Fahrwasser gerät. Die prognostizierte Wirtschaftsentwicklung der Jahre 2023 und 2024 zeigt schon jetzt ein deutlich schlechteres Wachstum. Die Analysten der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) erwarten einen Rückgang des britischen BIP um 0,4 Prozent für das Jahr 2023. Das macht das Land zum G7-Schlusslicht.
Auch bei der Entwicklung der Inflationsrate drohen Rekordmarken. Für das Jahr 2023 rechnen Ökonomen mit einem Wert von 18 Prozent. Dies könnten dazu führen, dass die Bank of England wesentlich stärker als die FED und die EZB an der Zinsschraube drehen muss. Keine guten Aussichten für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes auch über das Jahr 2023 hinaus.
Ebenso hat der Brexit Jahr 2021 zu signifikant höheren Kosten für Verwaltung, Logistik, Zölle, Finanzierung und IT-Anpassungen bei gleichzeitig gesunkenen Umsatzerlösen geführt. Das Gesundheitswesen, das Transportgewerbe, die Gastronomie und die Landwirtschaft zählen ebenfalls zu den Brexit-Geschädigten. Sie klagen seit langer Zeit, dass ihnen aufgrund der verschärften Einwanderungsregeln Arbeitskräfte aus Süd- und Osteuropa fehlen. Haushalte sind ärmer geworden, die Investitionen stagnieren und die Handelsbarrieren zum größten Absatzmarkt, der EU, haben den Warenverkehr um geschätzte 10 bis 15 Prozent einbrechen lassen.
Nicht verwunderlich ist daher, dass eine stabile Mehrheit von knapp 50 Prozent der englischen Bevölkerung den Brexit mittlerweile für einen Fehler hält, gegenüber knapp 40 Prozent, die den Austritt weiterhin für richtig halten. Mal sehen, ob es zu einem neuen Referendum kommt.
Bleiben Sie bitte gesund und genießen Sie das Wochenende!
Andreas Rosner und das gesamte Team von Gies & Heimburger