Konjunkturaussichten trüben sich ein
Das darf uns schon peinlich sein. Alle Industrienationen haben aus den beiden vergangenen Quartalen halbwegs vernünftiges konjunkturelles Wachstum gemeldet. Nur wir nicht. Wir halten in Europa gemessen am Wachstum der Volkswirtschaft die rote Laterne.
Die Faktoren sind vielfältig. Teilweise werden wir zum Opfer unseres eigenen Erfolges. So herrscht eben in weiten Teilen unseres Landes Voll- oder sogar Überbeschäftigung.
Und wer den Gipfel erklommen hat, tut sich schwer weiter voranzugehen. Anders formuliert: Wenn ein Unternehmen hierzulande wachsen will, braucht es frische Arbeitskräfte, und die sind eben vor allem im Süden sehr rar.
Zudem trifft uns nun der demografische Wandel mit voller Härte. Im vergangenen Jahr haben rund 875.000 Menschen hierzulande den Arbeitsmarkt verlassen und sind in die Rente eingetreten. Die jungen Jahrgänge der Generation Z, die nun von unten nachrücken, sind leider zahlenmäßig betrachtet dünn.
Aber ich sehe auch reichlich hausgemachten Murks. Da wäre der überstürzte Ausstieg aus der Kernkraft, der dafür sorgt, dass hierzulande Energie halbwegs unerschwinglich ist.
Generell muss ich nach Berlin zeigen: Die Ampel hampelt und verstümpert jedes halbwegs anspruchsvolle Gesetzesvorhaben.
Beispiel Gebäudeenergiegesetz: Seit Monaten weiß doch kein Eigentümer, welche Heizung er oder sie eigentlich verbauen soll. Die Folge: Die deutsche Baukonjunktur knickt weg.
Insgesamt schwächelt damit grob gesprochen ein Viertel der Euro-Wirtschaft. Jetzt drücken wir also die Daumen, dass wichtige Handelspartner wie Frankreich, Niederlande oder Österreich uns aus dem Loch ziehen.
Aber auch in den USA ist die Stimmung in vielen Branchen gedrückt. Man fürchtet weitere Zinsschritte. Die Sorge ist unverändert im Markt, dass am Ende die US-Geldpolitik den Aufschwung doch noch abwürgen wird.
Sorgen bereitet die Situation in China: Dort schwächelte zuletzt Import und Export im Gleichschritt. Westliche Notenbanken kämpfen gegen die hartnäckige Inflation, in China wachsen dagegen Sorgen, dass es zur Deflation kommen könnte – einer möglicherweise gefährlichen Abwärtsspirale fallender Preise. Wegen der schwachen Nachfrage senkten chinesische Firmen ihre Preise im Juni so stark wie seit siebeneinhalb Jahren nicht mehr. Die Erzeugerpreise fielen um überraschend starke 5,4% im Vergleich zum Vorjahresmonat, teilte das Statistikamt in Peking mit. Das war nicht nur der neunte Rückgang in Folge, sondern zugleich der stärkste seit Dezember 2015. Auch das ist kein gutes Omen für den internationalen Aktienmarkt.
So dürften die kommenden Börsenwochen für uns leider eher holprig verlaufen.
Thomas Boldt und das gesamte Team von Gies & Heimburger wünschen Ihnen ein sonniges Wochenende