Die Türkei in der Krise

Geposted von Andreas Rosner am

Und schon wieder hat es der Präsident der Türkei Recep Tayyip Erdogan geschafft auf allen Titelseiten und in der kompletten mediale Welt als der Aufmacher zu erscheinen. Waren es vor kurzem die noch vergleichsweise harmlosen Bilder mit unseren WM Kickern Özil und Gündogan so haben die Schlagzeilen die er jetzt produziert eine enorme Sprengkraft. Es geht um den dramatischen Verfall der türkischen Lira. Das Handelsblatt vom 14.08.2018 titelt: „Türkische Schockwellen“ und beschreibt wie die Schwäche der Lira mittlerweile auch auf die Währungen anderer Schwellenländer ausstrahlt. In wenigen Tagen hat die Lira gegenüber dem US Dollar 20% an Wert verloren und seit Jahresbeginn mehr als 70%.

Was sind die Gründe

Auslöser für den kurzfristigen Kursverfall sind die von den USA verhängten Strafzölle auf Aluminium und Stahl die Präsident Trump am Freitag mit einer Twitter Nachricht verdoppeln will. Zudem sollen im Zusammenhang mit dem Streit um einen in der Türkei inhaftierten Geistlichen Finanzsanktionen gegen ausgewählte Türkische Minister verhängt werden. Aber der Kursverfall der türkischen Lira geht viel weiter zurück. Schon seit 2013 als im Gezi Park friedliche Proteste gewaltsam beendet wurden befindet sich die Lira auf Talfahrt.

Dramatisch wird der Verfall aber erst im Jahr 2018 wie der nachfolgen Chart verdeutlicht:

Sorgen bereit aktuell zudem, dass die Staatsschulden und ausstehende Auslandskredite von Unternehmen und Privatleuten auf 70% des Bruttoinlandsproduktes gestiegen sind. Dadurch ist die Türkei extrem von der Währungsentwicklung abhängig. Die Rendite zehnjähriger türkischer Staatsanleihen ist durch die Unruhen auf dem Währungssektor auf über 20% gestiegen und liegt damit über dem Niveau von Ländern wie Argentinien und Nigeria. Dies ist auch der Grund warum die Krise auch auf die europäischen Banken durchschlägt und an den Aktienmärkten für schwache Kurse gesorgt hat.

Wie gehr es weiter?

Das Vertrauen in die Unabhängigkeit der türkischen Notenbank ist extrem gesunken zumal bis zum jetzigen Zeitpunkt eine Erhöhung der Zinsen ausgeblieben ist. Erdogan, der sich selbst als „Feind der Zinsen“ beschreibt, hat wohl auch hier seine Macht ausgeübt. Bei ihrer letzten Zusammenkunft im Juli 2018 ließ das zuständige Gremium die Leitzinsen unverändert, eine Anordnung Erdogans. Die Tatsache, dass sein Schwiegersohn als Finanzminister des Landes fungiert rundet das Bild von einem Alleinherrscher ganz klar ab. Eine unabhängig agierende Finanzadministration sieht anders aus. Auch die Rhetorik aus Ankara wird zunehmend bedrohlicher. Statt auf Diplomatie zu setzten deutet Erdogan sogar an, auch vor einem militärischen Konflikt nicht zurückschrecken zu wollen. Drohgebärden wie in der jüngsten Vergangenheit schon oft gesehen, um sich selbst als Opfer zu inszenieren.
Ein erster und wichtiger Schritt um die türkische Lira zu stabilisieren wäre eine spürbare Zinsanhebung und im weiteren Kapitalverkehrskontrollen. Auch internationale Hilfe beispielsweise durch den IWF könnte eine Maßnahme sein, den Währungsverfall zu stoppen.

 

Fazit

Noch handelt es sich bei dem Verfall der türkischen Lira um eine reine Währungskrise. Dies hat es in den letzten Jahrzehnten immer wieder mal gegeben und ein jedes Mal waren es die Beteiligten IWF und Notenbanken die die Situation beruhigen konnten. Auch trifft die Krise der Türkei den europäischen Wirtschaftsraum zu einem Zeitpunkt wo die Wachstumszahlen ausgesprochen robust sind. Gleichwohl wird es an den Finanzmärkten immer wieder mal Druck geben, allen voran für die europäischen Banken die starke Kreditverbindungen zur Türkei haben. Einen Flächenbrand kann man zum jetzigen Zeitpunkt ausschließen zumal sich die türkische Lira in den letzten Tagen von ihren Tiefstständen etwas erholt hat. Gleichwohl raten wir dringend von Engagements in der Türkei ab.

 

Andreas Rosner ist Direktor Privatkunden der Gies und Heimburger GmbH.