Über Krieg und Märkte
Der Krieg in der Ukraine geht nun bereits in das dritte Jahr. Ein Krieg, der wohlgemerkt immer noch vor unserer Haustür tobt. Im Kriegsgebiet in Europa sterben jeden Tag Menschen, werden verstümmelt, vertrieben. Hinzu kommen massive materielle Schäden, Zerstörung von Infrastruktur, Produktionsausfälle, Umweltschäden etc. In unserem Bewusstsein sind die Ereignisse in der Ukraine nicht mehr so im Vordergrund wie im Februar und März 2022. Nun, das liegt in der Natur der Sache und ist auch ein normaler Schutzmechanismus des Menschen, der nicht tagein und tagaus nur die negativen Themen vor Augen haben kann.
Nur zwei, wie ich meine, elementare Punkte erlaube ich mir an dieser Stelle ins Feld zu führen. Erstens: Die Staatsverschuldung in Amerika liegt mittlerweile bei rund 33 Billionen Dollar. Dies erfordert einen jährlichen Zinsaufwand von etwa einer Billion Dollar. Wie lange lassen sich in Amerika und natürlich auch in Europa, wo die Schuldensituation wenig besser ausschaut, fortlaufende Ausgaben für den Krieg in der Ukraine rechtfertigen? Nur damit Sie mich nicht falsch verstehen, ich bin ein großer Verfechter einer kompromisslosen Unterstützung der tapferen Ukrainer.
Und zweitens eine andere Zahl, die wir uns vor Augen führen müssen. Die Wirtschaftskraft von Russland beträgt weniger als fünf Prozent der Wirtschaftskraft der westlichen Staaten. Vielleicht ist es an der Zeit, diese gewaltige Stärke nun endlich bedingungslos, schnell und mit unbändigem Willen, ohne Zögern und Zaudern, in die Waagschale zu werfen. Erinnern Sie sich noch an die ersten Hilfszusagen für die Ukraine der damaligen Bundesverteidigungsministerin Lambrecht: Helme und Verbandskästen! Die Ukraine muss diesen Kampf gewinnen, um Putin und allen Despoten mit ihren Unrechtssystemen dieser Welt vor Augen zu führen, dass die westliche Welt eben doch eine starke Wertegemeinschaft darstellt.
Eines der zentralen Themen in der Folge des Krieges in der Ukraine war bei uns die Energiesicherheit bzw. die Abhängigkeit von gewissen Energielieferanten. Ein Paradebeispiel wie Märkte funktionieren. Denn gerade erst hat Deutschland seine Abhängigkeit von preiswerten russischen Erdgaslieferungen von rund 70 Prozent (der Gipfel politischer Dummheit und wirtschaftlicher Gier) auf null verringert. Gas kommt nun, nebst den Pipelinelieferungen aus Norwegen, als Liquefied Natural Gas (LNG) über den Atlantik aus Amerika und auch aus Qatar.
Qatar hat sich entschieden, ein drittes Erdgas-LNG-Terminal zu bauen. Damit wird das Land in den Jahren 2026 bis 2030 seine LNG-Export-Kapazität nahezu verdoppeln. Bei allen Preisdiskussionen um LNG und Erdgas sollte man im Hinterkopf behalten, dass Qatar LNG sehr günstig produzieren kann. Experten sprechen von Stückkosten von 0,3 Cent/MMBtu. Die USA sind mit 3,0 bis 4,0 Cent/ MMBtu dabei. Europa kauft LNG aktuell für 8,1 Cent/MMBtu ein (=24,8 Euro/MWh).
Jeder, der meint, LNG sei so viel teurer als Pipelinegas, ist sich nicht bewusst, wie billig die indischen Arbeiter in Katar entlohnt werden, die die dortigen LNG-Terminals bauen. Das Erdgas wird direkt dort heruntergekühlt und verladen, wo es gefördert wird. Es ist eine für die katarischen Scheichs ideale Situation. Sie werden jeden Preis nach unten mitgehen können und immer noch ausreichende Gewinne machen. Wenn ich Aussagen höre, dass Energie nie mehr so billig sein wird wie vor dem Ukrainekrieg – dem widerspreche ich.
Und wenn wir nun schon dabei sind über die Flexibilität der Märkte zu sprechen, dann darf ich Ihnen versichern, dass russisches Gas und Öl nicht im sibirischen Boden verbleibt. Die Abnehmer in China und Indien und …. freuen sich über die günstige Energiezufuhr aus Russland. Branchenexperten haben mir auch verdeutlicht, dass erhebliche Mengen von russischem Öl über Umwege (quasi zweimal von Schiff zu Schiff umgepumpt) immer noch in Westeuropa landen.
Hans Heimburger und das gesamte Team von Gies & Heimburger wünschen Ihnen ein schönes Wochenende