Editorial der Freitags-Info vom 03.06.2022

Geposted von Andreas Rosner am

Russland und die OPEC

100 Tage dauert mittlerweile der Krieg in der Ukraine und die Sanktionen gegen den Aggressor Putin werden ausgeweitet. Nach langen und zähen Verhandlungen in den EU-Staaten konnte der Widerstand Ungarns gegen das Öl-Embargo mit einem Kompromiss gebrochen werden. Das nunmehr sechste Sanktionspaket umfasst ein Teilembargo auf russisches Öl und es umfasst die Einfuhr auf dem Seeweg, auf dem immerhin zwei Drittel der Ölexporte Russlands in die EU gelangen.  Somit ist man den Ländern entgegengekommen, die nicht per Schiff beliefert werden können. Einfuhren über Pipelines, u.a. über die Druschba Pipeline, werden von der EU nicht sanktioniert. Zumindest vorerst nicht. Die negativen Folgen für Deutschland in Sachen Energieversorgung mit Öl sind somit eher gering, zumal auch hier russisches Öl durch die Druschba Pipeline ankommt.  Inzwischen ist der russische Anteil an deutschen Ölimporten von 35 auf nunmehr zwölf Prozent gesunken.

Und hier fangen die Probleme für Russlands Ölindustrie richtig an. Die Exportquoten sind mittlerweile so stark gesunken, dass man in OPEC-Kreisen ernsthaft über einen Ausschluss Russlands nachdenkt. Da die OPEC + Staaten in den Monaten Juli und August mehr Öl fördern wollen, immerhin 650.000 Barrel pro Tag, will Saudi-Arabien die Lieferausfälle Russlands kompensieren. Dieser Kurswechsel überrascht Marktbeobachter, da die angedachten Produktionserhöhungen um 50 Prozent höher ausfallen als in den Vormonaten.

Die OPEC + zieht mit diesem Schritt auch den Ausstieg aus den Förderbegrenzungen vor, den sich die Allianz als Reaktion auf den Einbruch der Ölnachfrage in der Coronapandemie auferlegt hatte. Das Anfang dieser Woche beschlossene Embargo der EU gegen russisches Öl droht allerdings die weltweite Versorgungslage weiter zu verschärfen. Das wird zunehmend zu einem Glaubwürdigkeitsproblem für die OPEC-Staaten. Allen voran die Golfstaaten um Saudi-Arabien wollen ihren Ruf als verlässliche Lieferanten für die Industriestaaten nicht verspielen.

Ein Ausschluss Russlands aus dem OPEC + Bündnis wäre ein herber Rückschlag für Putin und die Finanzierung seines Krieges gegen die Ukraine. Die Sanktionen würden somit eine spürbar stärkere Wirkung erzielen.

Andreas Rosner und das gesamte Team von Gies & Heimburger wünscht Ihnen ein erholsames Pfingstwochenende

Andreas Rosner ist Direktor Privatkunden der Gies und Heimburger GmbH.