Editorial der Freitags-Info vom 03.11.2023

Geposted von Andreas Rosner am

Preisanstieg beim Öl durch den Konflikt im Nahen Osten

Seit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober ist die Volatilität des Ölpreises an den Weltmärkten deutlich gestiegen. Der Preis des für die Weltwirtschaft wichtigen Rohstoffs, der etwa zu einem Drittel aus dem Nahen Osten kommt, steigt und fällt mit jeder neuen Nachricht aus der Konfliktregion in Israel.

Die Situation weckt Erinnerungen an den Jom-Kippur-Krieg und die darauf folgende arabische Ölblockade. Am 6. Oktober 1973 griffen Ägypten und Syrien Israel an, die USA beschlossen daraufhin, Israel zu unterstützen.

Als Reaktion auf diese Unterstützung reduzierten die arabischen Ölstaaten ihre Fördermenge um fünf Prozent. Am 17. Oktober 1973 stieg der Ölpreis von rund drei Dollar pro Barrel auf über fünf Dollar, ein Anstieg von etwa 70 Prozent. Im Verlauf des Folgejahrs stieg er auf über zwölf Dollar. Die älteren unter uns erinnern sich sicher an das von Deutschland beschlossene Energiesicherungsgesetz vom 9. November 1973 mit insgesamt vier autofreien Sonntagen.

Droht also aktuell die Gefahr das der Ölpreis ähnlich stark wie in den 70er-Jahren steigt? Die Ausgangssituation ist eine andere als 1973, als Israel noch von keinem einzigen arabischen Staat anerkannt wurde.

In einem jüngst veröffentlichten Bericht warnt die Weltbank vor einem extremen Anstieg des Ölpreises, falls die Situation im Nahen Osten eskaliert. In dem Bericht stellt die Weltbank vier Szenarien und ihre Auswirkung auf den Ölpreis vor.

Basisszenario

Hier rechnet die Weltbank mit einer moderaten Entwicklung um die Marke von 90 US-Dollar. Aufgrund des aktuell schwachen Wirtschaftswachstums sinkt die Nachfrage nach Öl! Hinzu kommt, dass die Wirtschaft weniger abhängig vom Öl ist als 1973 und viele Länder strategische Vorräte angelegt haben. Waren in den 1970er Jahren noch 0,12 Tonnen Öl nötig, um eine Einheit des Bruttosozialprodukts zu produzieren ist sind es aktuell nur 0,05 Tonnen.

Szenario 1: Leichte Verknappung des Angebotes

Eine Verknappung des Angebotes an Öl könnte dann entstehen, wenn der Iran, immerhin drittgrößter Ölproduzent der OPEC, als Lieferant ausfällt. 2018 hatte die damalige US-Regierung gegen den Iran Sanktionen erlassen, die darauf abzielten, Erdölexporte zu unterbinden. Die Sanktionen hatte die US-Regierung 2018 erlassen, nachdem der Iran  einseitig aus einem 2015 zwischen dem Iran und sechs Weltmächten geschlossenen Abkommen zur Eindämmung des iranischen Atomprogramms ausgestiegen war. Damals kündigten die USA an, sämtliche Staaten und internationalen Firmen zu sanktionieren, die weiterhin Öl oder Ölprodukte aus dem Iran kaufen. Die aktuelle Regierung setzte diese Sanktionen aber zuletzt weniger streng durch. Das machte sich auch darin bemerkbar, dass die Rohölproduktion Irans mit mehr als 3,1 Millionen Barrel pro Tag im August und September auf einem Fünfjahreshoch lag. Nun könnte das Weiße Haus aber wieder einen härteren Kurs bei der Durchsetzung der Sanktionen fahren.

Szenario 2: Deutliche Verknappung

Entscheidend für diese Szenario ist wie sich Saudi-Arabien verhält. Der größte Ölproduzent der OPEC hat seit Juli seine Fördermenge freiwillig um eine Million Barrel pro Tag gekürzt und trägt so dazu bei, dass der Ölmarkt unterversorgt ist. Mit dem Krieg gegen Israel sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass Saudi-Arabien seine Kürzungen frühzeitig aufhebt. Zusammen mit dem Iran würden dem Ölmarkt bis zu 3 Millionen Barrel pro Tag fehlen und hier errechnet die Weltbank dann ein Preisniveau von bis zu 120 US-Dollar.

Szenario 3: Starke Störung der Ölversorgung

In diesem Worst-Case-Szenario rechnet die Weltbank bei einer starken Ausweitung des Krieges mit einem Rückgang des globalen Ölangebotes von bis zu 8 Millionen Barrel pro Tag. Vergleichbar mit der Verknappung durch die arabische Ölblockade während des Jom Kippur Krieges 1973! Dies könnte einen Anstieg der Preise auf 157 US-Dollar bedeuten. Möglich wäre eine derartige Angebotsreduktion, wenn der Iran die Straße von Hormus blockiert. Durch die Meerenge, die den Persischen Golf und den Golf von Oman verbindet,  wird täglich rund ein Fünftel der weltweiten Ölproduktion transportiert.

Die höchste Eintrittswahrscheinlichkeit messen wir dem Basisszenario der Weltbank bei.

Andreas Rosner und das gesamte Team von Gies & Heimburger wünschen Ihnen ein schönes Herbstwochenende.

 

Andreas Rosner ist Direktor Privatkunden der Gies und Heimburger GmbH.