Editorial der Freitags-Info vom 05.01.2021

Geposted von Andreas Rosner am

Das Comeback von Mario Draghi

Seit Dienstagabend steht fest das es in Italien eine neue Regierung geben muss. Die brüchige Koalition der Mitte-Links Regierung ließ sich nicht mehr retten. Nachdem Ex Premier Matteo Renzi zwei seiner Minister aus dem Kabinett abzog war das eh schwache Bündnis um Guiseppe Conte zerbrochen. Und nun soll es „Super Mario“, wie er zu seiner Zeit als Chef der EZB genannt wurde, richten. Als er nach seinem Ausscheiden bei der EZB im Oktober 2019 gefragt wurde ober er sich vorstellen könnte das Amt des Ministerpräsidenten in Italien zu übernehmen war seine Antwort: „fragen Sie meine Frau“! Und offensichtlich hat Serena Draghi jetzt ja gesagt, denn Staatspräsident Sergio Mattarella hat Draghi am Mittwoch das Mandat zur Bildung einer Regierung erteilt.

Genauer gesagt lautet der Auftrag eine Regierung „di alto profilo“ zu bilden, wie es der Präsident nennt. Damit meint Mattarella ein Kabinett von überparteilichen Fachleuten, das jenseits von politischem Postengeschacher und Machtkämpfen die Regierungsgeschäfte führt. So schreibt es die FAZ am Mittwoch.

Seit seinem Ausscheiden bei der EZB im Jahr 2019 war es in der öffentlichen Wahrnehmung um Draghi sehr ruhig geworden. An politischen Debatten, die es in Italien traditionell zuhauf gibt, hat er sich nicht beteiligt und auch in der Öffentlichkeit war er eher selten zu sehen. Und nun das Comeback auf der politischen Bühne.

Matarella`s Plan

Wenn es nach dem Willen von Staatspräsident Mattarella geht, soll die zweite Regierungskrise nach den Wahlen im Jahr 2018 die letzte gewesen sein. Der Auftrag an Draghi lautet eine stabile Regierung zu bilden, die bis zum Ende der Legislaturperiode im Frühjahr 2023 halten soll. Weiter heißt es in der FAZ: „Ich fühle mich verpflichtet, an alle im Parlament vertretenen politischen Kräfte zu appellieren, einer ranghoch besetzten Regierung, die sich mit keiner politischen Formel identifizieren sollte, das Vertrauen zu schenken“, hatte Mattarella am Dienstagabend nach dem endgültigen Scheitern der Sondierungsgespräche zur Bildung einer erneuerten Linkskoalition gesagt. Die kommenden Monate seien entscheidend für die Überwindung der Pandemie-, Wirtschafts- und Sozialkrise: „Dazu braucht es eine Regierung mit voller Funktionsfähigkeit.“

What ever it takes

In seinem Heimatland genießt Draghi eine enorme Popularität. Seine Landsleute haben nicht vergessen, dass „Super-Mario“ 2012, auf dem Höhepunkt der europäischen Schuldenkrise, mit seiner legendären Kampfansage an die Finanzmärkte, den Euro um jeden Preis zu verteidigen, Italien vor dem Absturz bewahrt hatte. What ever it takeswas immer auch notwendig ist, hat seiner Zeit die Ära der Nullzinspolitik der EZB eingeleitet. Die Schattenseite dieser lockeren Geldpolitik ist aber, dass der Reformeifer in hochverschuldeten Euroländern – und dazu zählt Italien auf jeden Fall – zum Erliegen gekommen ist.

Gut vernetzter Ökonom in Krisenzeiten

Mario Draghi gilt als gut vernetzt. Zu allen Regierungen und in die EU-Kommission hat er ausgezeichnete Kontakte und auch zu seiner Nachfolgerin bei der EZB, Christine Lagarde, besteht ein fester Draht. Dies könnte sich jetzt als großer Vorteil erweisen, wenn es darum geht Italien auf einen neuen Kurs einzustellen. Selbst Kritiker seiner Geldpolitik schätzen ihn als großartigen Ökonomen ein.
Als Chef einer Expertenregierung könnte Draghi jetzt selbst die Wirtschaftsreformen auf den Weg bringen, die er in den vergangenen zwei Jahrzehnten – zunächst als Präsident der italienischen Zentralbank und später als EZB-Chef – vergeblich von den jeweiligen Regierungen in Rom verlangt hatte.

Bleibt zu hoffen, dass das von der Pandemie sehr hart getroffenen Land schnell die richtigen Schritte vollzieht. Denn die Zeit drängt, da von der Conti Regierung beschlossenen Maßnahmen nur bis Mitte Februar gelten.

Bleiben Sie gesund, halten Sie bitte weiterhin Abstand und genießen Sie das Wochenende.

Andreas Rosner und das gesamte Team von Gies & Heimburger

Andreas Rosner ist Direktor Privatkunden der Gies und Heimburger GmbH.