Editorial der Freitags-Info vom 07.06.2024

Geposted von Thomas Boldt am

EZB senkt die Zinsen

Die EZB hat es getan und reißt das Lenkrad herum. Sie hat den Leitzins erstmals seit den Zinserhöhungen zur Inflationsbekämpfung, beginnend in 2022 bis Herbst 2023, um 0,25% gesenkt. Aus meiner Erinnerung heraus ist das das zweite Mal in den vergangenen 15 Jahren, in der die EZB nicht der FED folgt, sondern mit einer Zinsänderung vorlegt. Das letzte Mal hat die EZB 2011 die Zinsen vor der FED erhöht und musste dann schnell zurückrudern.

Für Kreditnehmer sind sinkende Zinsen eine gute Nachricht, denn Kredite werden dadurch günstiger. Sparer müssen sich dagegen darauf einstellen, dass sie tendenziell weniger Zinsen für Geld auf der hohen Kante bekommen. Da die Entscheidung der Notenbank erwartet worden war, hatten viele Geldhäuser ihre Konditionen aber bereits im Vorfeld angepasst. Ökonomen hatten mit einer Lockerung der geldpolitischen Zügel gerechnet, nachdem die Inflation sich deutlich abgeschwächt hatte. Zwar hat die Teuerung im Euroraum im Mai wieder etwas an Tempo gewonnen: Die Konsumentenpreise stiegen zum Vorjahresmonat um 2,6% nach 2,4% im April. Vom Rekordhoch bei 10,7% im Herbst 2022 ist die Inflation inzwischen aber weit entfernt. Höhere Teuerungsraten schmälern die Kaufkraft von Verbrauchern. Sie können sich dann für einen Euro weniger leisten.

Die EZB strebt für den Euroraum mittelfristig eine jährliche Inflationsrate von 2% an. Bei diesem Wert sehen die Währungshüter Preisstabilität gewährleistet. „Wir sind mit dem spürbaren Rückgang der Inflation zufrieden, aber der Weg zurück zur Preisstabilität ist holprig“, hatte EZB-Direktoriumsmitglied Isabel Schnabel unlängst dem TV-Sender ARD gesagt.

Um die nach Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine stark gestiegene Inflation in den Griff zu bekommen, hatte die EZB seit Juli 2022 zehnmal in Folge die Zinsen nach oben geschraubt, ehe sie eine Pause einlegte. Kredite wurden damit teurer. Das kann die Nachfrage bremsen und hohen Teuerungsraten entgegenwirken. Teurere Finanzierungen sind zugleich eine Last für die Wirtschaft und Privatleute, die sich Geld leihen wollen, das bremst die Konjunktur. Wie viele Zinssenkungen noch folgen werden, ist derzeit schwer abzusehen.

Vertreter der EZB hatten zuletzt darauf verwiesen, dass die Entscheidungen von der Entwicklung der wirtschaftlichen Daten abhängen. Aus einer ersten Zinssenkung könne man keine „Art Autopilot“ ableiten, bei dem gleich die nächste Zinssenkung folgen müsse, betonte unlängst Bundesbank-Präsident Joachim Nagel, der als Mitglied des EZB-Rates mit über die Geldpolitik im Euroraum entscheidet. Weiter sagte er: Stabile Preise sind die wichtigste Voraussetzung für Wachstum in Europa, daran sollten wir weiter festhalten, es gelte, die Preisentwicklung von Sitzung zu Sitzung zu beobachten.

Thomas Boldt und das gesamte Team von G&H wünschen Ihnen ein sonniges Wochenende

Direktor Privatkunden Gies und Heimburger GmbH