Editorial der Freitags-Info vom 23.02.2024

Geposted von Thomas Boldt am

Krise am Gewerbeimmobilienmarkt 

Unter der Oberfläche der Banken brodelt es gewaltig. Die Meldungen über Banken, die hohe Verluste bei Krediten und Investitionen hinnehmen müssen, häufen sich. Und wir sprechen hier nicht mehr nur von vereinzelten Instituten. 

Die New York Community Bank geriet in die Schlagzeilen, weil ihre Verlustreserven rapide angestiegen sind, die Bonität des Unternehmens durch Moody’s herabgestuft wurde und wichtige Führungskräfte das Unternehmen verließen. Die in Tokio ansässige Aozora Bank stürzte ab, nachdem sie zuvor die Höhe der Verlustrücklagen unterschätzt hatte, die sie für ihre US-Gewerbeimmobilienkredite benötigen würde. Die in München ansässige Deutsche Pfandbriefbank meldete ebenfalls überraschend hohe Verluste, was zu einer Talfahrt bei den Anleihen des Unternehmens führte. Um nur einige zu nennen…

US-Gewerbeimmobilien kosten den Bankensektor den Kopf

Der rote Faden in den Geschichten all dieser Bankenprobleme ist klar das Engagement in US-Gewerbeimmobilien – vor allem Darlehen für Tausende von leerstehenden Bürogebäuden in ganz Nordamerika. Auch Kredite für Mehrfamilienhäuser stehen im Fadenkreuz, da ein Überangebot an neuen Objekten, eine restriktivere Kreditvergabe und Mietkontrollgesetze die Renditen der Anleger beeinträchtigen. Gerade bei den großen US-Regionalbanken ist das Risiko enorm. Noch vor einem Jahr konnte man eine Jumbo-Hypothek für 6,25 % und einen Abschlag von etwa 40 Basispunkten gegenüber einer konventionellen Hypothek mit 30-jähriger Laufzeit erhalten – heute kostet sie 7,40 % und einen Aufschlag von etwa 40 Basispunkten gegenüber einer konventionellen Hypothek. 

Dabei war die Kreditvergabe im Jahr 2023 knapper als im Jahr 2022, das wiederum knapper war als das Jahr 2021. Die Umfragen der Federal Reserve bei den Banken bestätigen, was sich aus dieser Entwicklung bereits ablesen lässt: Die Banken ziehen sich bei der Kreditvergabe allmählich zurück, insbesondere bei kleinen und mittleren Unternehmen. Im vergangenen Frühjahr stürzte die Bankenwelt mit dem plötzlichen Zusammenbruch der Silicon Valley Bank und mehrerer anderer großer Banken erneut ins Chaos. Und wie im Jahr 2007 vervielfältigen sich diese Verluste und wandern wellenartig zu verschiedenen Banken auf der ganzen Welt. Und wie damals, erklären auch heute die Führungskräfte der Banken immer wieder, dass sie die erforderlichen Verlustrücklagen unterschätzt haben. 

Damals, im Jahr 2007, waren die Verluste privater Fonds, die Pleite von Nischenanbietern und die Probleme von Banken in Ländern wie Island der Vorbote dessen, was später kommen sollte. 

Aber der aktuelle Marktenthusiasmus ähnelt auch stark dem Jahr 2000. Die Geschichte zeigt, dass wenn der Enthusiasmus der Anleger auf eine sich verlangsamende Wirtschaft trifft, schließlich etwas nachgibt. 

Auf dem Höhepunkt der Technologie-Blase 1999 wurde der S&P 500 durchschnittlich mit einem Forward-KGV von 24,4 gehandelt. Heute wird der Index mit dem 20,3-fachen des voraussichtlichen Gewinns hochgehandelt. 

Auch heute sind es wieder die Technologie-Titel die den Index antreiben. Nvidia ist beispielsweise in den letzten fünf Wochen um weitere 60% gestiegen. Dank einzelner großer Gewinnübertreibungen werden die endgültigen EPS-Zahlen des S&P 500 für das vierte Quartal voraussichtlich um etwa 2,9% im Jahresvergleich steigen. Die Aktien sind jedoch um 20% gestiegen, was die 2,9% an Gewinnwachstum weit übertrifft. Der Tiefststand der Bewertung des S&P 500 im Jahr 2009 lag beim 9-fachen des Gewinns, womit der Index dann bei einem Level von 2000 Punkten liegen würde. Ich habe sowohl die Blase und den Crash zur Jahrtausendwende, als auch die US-Immobilien- und die darauffolgende globale Finanzkrise miterlebt. Und ich habe gelernt, wer in Zeiten der Panik kauft, erzielt riesige Gewinne. Wer aber in Zeiten der Euphorie oder Manie kauft, wird in den folgenden 10-20 Jahren bestenfalls Verluste oder minimale Gewinne verzeichnen. 

Ich erachte die Bewertungen aktuell als manisch bedingt teuer genug, um das weitere Aufwärtspotenzial vor allem der Technologie-Aktien zu begrenzen.

Das Jahr 2024 wird noch viel Volatilität und so manche Tücken bereithalten. Ausgesuchte Value-Werte, Rohstoffaktien mit günstigen Bewertungen, Edelmetalle und Bonds bleiben Trumpf. 

Thomas Boldt und das gesamte Team von Gies & Heimburger wünschen Ihnen ein schönes Wochenende

Direktor Privatkunden Gies und Heimburger GmbH