Jackson Hole stellt Weichen für die Zukunft
Jedes Jahr Ende August trifft sich in Jackson Hole, Wyoming, USA, die internationale Elite der Notenbanker. Der stimmungsvolle Ort in den Rocky Mountains wird zum Mittelpunkt der Zins- und Geldpolitik. In der Vergangenheit haben Vertreter der US-Notenbank FED wegweisende Reden gehalten, auf die die Finanzmärkte weltweit reagierten. Auch dieses Jahr richten sich die Blicke vor allem auf den Vortrag von US-Notenbankchef Jerome Powell.
Bereits zum 46. Mal
Die 46. Ausgabe des Jackson Hole Economic Symposium steht an. Der Veranstalter ist die regionale Notenbank, die Kansas City FED. Geladen sind internationale Notenbanker sowie renommierte Wirtschaftswissenschaftler aus aller Welt. Neue ökonomische Analysen und Erkenntnisse werden präsentiert und debattiert, mit dem Ziel, einen Ausblick auf die aktuelle und zukünftige Geldpolitik zu geben.
Warum findet das Treffen in Jackson Hole statt?
Zwischen 1978 und 1982 wurde das Treffen an verschiedenen Orten im Zuständigkeitsbereich der Kansas City FED ausgetragen. Die Entscheidung für das malerische Jackson Hole in den Rocky Mountains hat eine amüsante Anekdote: 1982 wollte man sicherstellen, dass der damalige US-Notenbankchef Paul Volcker teilnimmt. Jackson Hole ist für seine Forellenflüsse bekannt, und Volcker war ein begeisterter Fliegenfischer. Doch nicht nur für ihn hat der Ort eine besondere Anziehungskraft. 140 Teilnehmer wohnen dem weltweit wichtigen Treffen in diesem Jahr bei.
Die Weltwirtschaft vor einem Strukturbruch?
Das Hauptthema dieses Jahres lautet „Strukturelle Veränderungen in der globalen Wirtschaft“. Nach der Corona-Pandemie und der Inflationswelle sind die Volkswirtschaften weltweit im Wandel. Die Globalisierung stößt an ihre Grenzen. Lieferketten sind nicht mehr so zuverlässig wie früher. Preissteigerungen und hohe Zinsen hinterfragen Geschäftsmodelle. Die Wirtschaft steht vor großen Herausforderungen und wird sich verändern. Wir gehen davon aus, dass Powell diese Themen in seiner Rede ansprechen wird. Basierend auf den Erfahrungen vergangener Jahre erwarten wir Powells Rede heute gegen 16 Uhr. Es ist unwahrscheinlich, dass er konkrete Informationen zu zukünftigen Zinsentscheidungen liefert, doch Finanzmarktakteure hören genau hin. Kleinste Hinweise können Einblicke in seine Gedankenwelt geben und Markterwartungen beeinflussen.
Die Pläne der FED sind eine Herausforderung
Die FED verfolgt das Ziel, die Kerninflationsrate (ohne Nahrungs- und Energiepreise) in die Nähe von 2 % zu drücken und gleichzeitig die US-Volkswirtschaft in eine sanfte Landung lenken. Wachstumsraten sollen sinken, aber positiv bleiben, um eine Rezession zu vermeiden. Das zweite Quartal verlief für viele Unternehmen gut. Seit dem Herbst 2022 steigen die Aktienkurse wieder. Es herrscht Optimismus, doch dieser bedarf einer geldpolitischen Bestätigung.
Der Markt erwartet bereits für 2024 erste Zinssenkungen. Daher ist die zentrale Frage, wann zuerst die Zinserhöhungen enden werden. Für November 2023 setzen die Märkte mit einer Wahrscheinlichkeit von 36 % auf eine letzte Zinserhöhung. Sollte Powell erneut die Inflationsbekämpfung in den Fokus rücken, könnte dies die Märkte enttäuschen. Andernfalls könnten sich die Investoren freuen, wenn die Bekämpfung der Inflation nicht mehr so stark verfolgt wird wie bisher.
Thomas Boldt und das gesamte Team von Gies & Heimburger wünschen Ihnen ein erholsames Wochenende!