Editorial der Freitags-Info vom 30.12.2022

Geposted von Hans Heimburger am

2022 war das Jahr der Krisen – 2023 bleibt herausfordernd mit einem guten Ende

Ich kann mich nicht daran erinnern, jemals so viele Krisenbegriffe gehört und gelesen zu haben wie im nun fast vergangenen Jahr:

China-Krise, Energiekrise, De-Industrialisierungskrise, Inflationskrise, Klimakrise, Lieferkettenkrise, Rezessionskrise. Die Aufzählung könnte man noch um einige Begriffe verlängern, wenn man denn mag. Das Wort Krise ist immer eng mit dem Gefühl der Angst verbunden und da kommt mir sehr schnell der Begriff „German Angst“ in den Sinn. Es gibt nicht viele deutsche Begriffe, die in den internationalen Sprachgebrauch Einzug gehalten haben. Bestimmte Ausdrücke konnten sich aber durchsetzen. Dazu zählt der Begriff German Angst.

Mit dieser Begrifflichkeit soll der Charakterzug unserer Nation dargestellt werden. Wir gelten im Bezug auf politische und gesellschaftliche Entwicklungen als recht zögerlich, vielleicht ängstlich. Nun mag jeder seine eigene Sicht darauf haben. Ich persönlich erlebte im vergangenen Jahr uns Bundesbürger im in meinen Augen zentralsten Punkt des menschlichen Miteinanders, der Humanität und der Nächstenliebe, für alles andere als zögerlich und ängstlich.

Wir haben als politische Nation, im Schulterschluss mit unseren westlichen Partnern, und in einer überwältigenden Anzahl von privaten Initiativen die Menschen in und aus der Ukraine unterstützt. Ich habe in der obigen Aufzählung der Krisen den Ukrainekonflikt bewusst nicht genannt, weil er eine Einzigartigkeit besitzt. Es ist keine Krise, die durch die Verkettung unglücklicher Umstände oder relativ normaler wirtschaftlicher Zyklen entstand. Es ist ein verbrecherischer Angriffskrieg, der von langer Hand in Moskau geplant wurde. Wer die Hintergründe tief verstehen möchte, dem empfehle ich das Buch „Putins Netz“ von Catherine Belton. Der Krieg in der Ukraine ist weiterhin sehr ernst, vor allem für die direkt Betroffenen. Die Anpassung an die wirtschaftlichen Folgen für Europa entwickelt sich allerdings. Dies ist der enormen Anpassungsfähigkeit unserer Wirtschaft geschuldet.

Lassen Sie uns mit Blick auf das neue Jahr den Begriff Zuversicht ins Auge fassen. Mag sein, dass gemäß der zahlreichen, wirtschaftlichen Ausblicke und Prognosen die ich dieser Tage las, die ersten Monate des Jahres 2023 noch herausfordernd sein werden. Für einen Dreh zum Besseren an den Kapitalmärkten bedarf es mit hoher Wahrscheinlichkeit erste Signale der Notenbanken, unter Führung der amerikanischen Federal Reserve, dass der extrem schnelle und steile Zinserhöhungszyklus des Jahres 2022 zu einem Ende kommt. Die uns vorliegenden Prognosen für rückläufige Inflationsraten, sollten erste Zinssenkungen in Amerika gegen Ende 2023 ins Spiel bringen.

Auf Unternehmensebene werden die Firmenlenker den gestiegenen Energie- und Einkaufspreisen mit weiteren Restrukturierungs- und Kostensenkungsmaßnahmen begegnen. Hier herrscht eine große Anpassungsfähigkeit. Gerade deutsche und europäische Unternehmen sind aktuell mit Blick auf fundamentale Bewertungen sehr günstig und spätestens am Ende des Jahres 2023 werden diese tiefen Bewertungen die Grundlage für bessere Börsenkurse sein.

Ihnen und Ihren Lieben wünsche ich einen guten Rutsch ins neue Jahr

Hans Heimburger und das gesamte Team von Gies & Heimburger

Hans Heimburger ist Gesellschafter und Geschäftsführer der Gies und Heimburger GmbH und der CIO (Chief Investment Officer) für die 3ik-Strategiefonds.