Hedgefondsschieflage setzt Techaktien unter Druck

Geposted von Thomas Boldt am

Erinnerungen an den Crash des Hedgefonds LTCM Ende der 90er-Jahre werden wach: Der US-Hedgefonds Archegos Capital Management hat sich verspekuliert und steht vor einem Verlust von etwa 20 Mrd. USD. Weltweit wurden mehrere Bankaktien, darunter Credit Suisse und die Deutsche Bank, dadurch in die Tiefe gezogen.

Ein Zahlungsausfall beim US-Hedgefonds Archegos Capital Management, hinter dem der Spekulant Bill Hwang steht, sorgt für große Aufregung in der Finanz-Branche. Anscheinend waren die gesamten Kredit-Engagements von Hwang in den vergangenen Monaten nirgendwo abrufbar, weder die Aufseher noch die Banken schöpften Misstrauen. Der Investment-Konzern Goldman Sachs soll nach Angaben von Bloomberg Hwang zwar zunächst auf eine Schwarze Liste gesetzt haben, weil er vor einigen Jahren wegen Insiderhandels aufgefallen war – dann hat das US-Haus diese Vorsicht aber aufgegeben.

Family Office hat sich verzockt

Letzte Woche hatte das Family Office von Hwang angesichts von Margin Calls mit dem Abstoßen von Positionen in chinesischen Tech- und US-Medien-Konglomerat-Aktien begonnen.

Etwa 20 Milliarden Dollar sind nun offenbar verbrannt. Erinnerungen an den Zusammenbruch des Hedgefonds Long Term Capital Management (LTCM) werden wach. Im Jahre 1998 sorgte das 200-Milliarden-Dollar-Debakel für eine veritable Krise an den weltweiten Finanzmärkten.

Entwarnung von der Deutschen Bank

Dieses Mal ist es weniger schlimm, auch systemische Risiken gibt es laut Marktteilnehmern nicht. Die Deutsche Bank gab bereits Anfang der Woche bekannt, dass sie ihr Engagement bei Archegos inzwischen ohne Verluste erheblich reduziert hat. Auch beim Abbau der restlichen Positionen rechne sie mit keinen Einbußen.

Chinesische Techaktien im Fadenkreuz

Schon seit einigen Wochen sind die asiatischen Tech-Werte im Fadenkreuz, da die chinesische Regierung schärfer gegen diese vorgeht. So steht Tencent unter Druck, die Fintech-Sparte umzubauen, damit das Geschäft in China besser reguliert werden kann. Der groß erwartete Börsengang von Alipay wurde bereits im vergangenen November von den Behörden in Peking blockiert.

Neues Gesetz könnte chinesische Tech-Giganten von US-Börsen ausschließen

Jetzt kommen noch mehr Sorgen aus anderer Richtung. Kürzlich hat die US-amerikanische Börsenaufsichtsbehörde SEC ein Gesetz verabschiedet, das droht, Unternehmen von den US-Börsen zu entfernen, sofern sie nicht den amerikanischen Prüfungsstandards entsprechen. Dieses Gesetz wurde bereits von der Trump-Regierung im Zuge des ausufernden Handelsstreits mit China in die Wege geleitet.

Das neue Gesetz sieht vor, ausländische Unternehmen nun sehr genau darauf zu prüfen, ob sie nicht im Besitz einer staatlichen Stelle in einer ausländischen Gerichtsbarkeit sind oder von dieser kontrolliert werden. Unternehmen müssen auch alle Vorstandsmitglieder benennen, die Beamte der Kommunistischen Partei Chinas sind, teilte die SEC in einer Erklärung mit.

Laut einer Berechnung des US-Finanznachrichtendienstes CNBC haben die chinesischen Tech-Schwergewichte, die alle zweifach notiert sind, bereits stark unter dieser neuen Maßnahme gelitten. So hat Alibaba seit der Ankündigung des US-Gesetzes an der Hongkonger Börse 39 Mrd. USD an Wert einbüßen müssen. Baidu blickt auf Verluste von 14 Mrd., JD.com knapp 4 Mrd. USD. Das neue Gesetz könnte dazu führen, dass chinesische Unternehmen komplett vom US-Handel ausgeschlossen werden und würde zu einer stärkeren Teilung des globalen Finanzhandels führen. Die USA haben Hongkong als Handelsplatz nach den anhaltenden negativen Ereignissen auf der Halbinsel bereits vor ein paar Monaten neu eingestuft und werten die Stadt nicht mehr als Finanzzentrum mit größtmöglichen Freiheitsbestimmungen. Die neue Gesetzgebung verstärkt die Teilung zwischen den westlichen und asiatischen Handelssystemen weiter.

Fazit: Langfristig aussichtsreich – Kurserholung in Sichtweite

Trotz der Turbulenzen an den asiatischen Aktienmärkten, die besonders die Tech-Aktien unter Druck gesetzt haben, bleibt Goldman Sachs gegenüber dem Technologiesektor langfristig sehr positiv gestimmt.

Für die US-Investmentbank ist der asiatische Technologiesektor besonders innovativ und auf dem aktuellen Niveau günstig bewertet. Die Unternehmen erweitern ihre Produktlinien, stellen mehr Mitarbeiter ein und steigern ihre Umsätze, was nach Ansicht der Experten die Effizienz der Firmen erhöht.

Im Vergleich zu US-Firmen wie bspw. Microsoft, Oracle und Adobe sind die Nettomargen chinesischer Softwarefirmen laut Goldman Sachs „immer noch niedrig“, aber steigende Investitionen in Forschung und Entwicklung durch chinesische Firmen lassen auf lange Sicht eine höhere Profitabilität erwarten. Die Bank schätzt, dass Chinas Technologiesektor zwischen 2021 und 2023 mit einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate von 34% wachsen wird, während der Weltmarkt im gleichen Zeitraum nur um 15% Prozent zulegt.

Nach dem massiven Abverkauf dieses Sektors überwiegen derzeit wieder die Chancen.

Sehr gut gemanagte Asien- bzw. Chinafonds zeigen nun interessante Kaufchancen

Direktor Privatkunden Gies und Heimburger GmbH