Italien hat gewählt

Geposted von Hans Heimburger am

Der Ausgang der italienischen Parlamentswahl hat an den internationalen Aktienmärkten Kursverluste ausgelöst, aber keine Panik. Nach den vorgezogenen Neuwahlen vom vergangenen Wochenende zeichnet sich leider keine stabile Regierungsbildung ab.

Schwierige Mehrheitsverhältnisse und ein Komiker als Hauptgewinner

Der Sozialdemokrat Pier Luigi Bersani  erreichte mit seiner Mitte-Links Partei (PD-SEL) mit 29,6% die Mehrheit knapp vor Silvio Berlusconis Mitte-Rechts Bündnis, das 29,2% der Stimmen auf sich vereinigte. Als eigentliche Wahlsieger darf wohl der Komiker Beppe Grillo mit seiner Protestbewegung „Fünf Sterne“ gelten. Aus dem Stand erhielt er 25,5% der Stimmen, und das, obwohl er sich als „Anti-Politiker“ sieht und keinerlei parlamentarische Erfahrung besitzt. Mario Monti, der scheidende Regierungschef, konnte mit seiner Partei der bürgerlichen Mitte nur 10,6% der Stimmen gewinnen. Offensichtlich sind ernsthafte Reformbemühungen, die logischerweise mit zumindest temporären Einschnitten für die Bevölkerung verbunden sind, dem Wahlvolk nicht zu vermitteln.

Dank der Besonderheit des italienischen Wahlrechts kann Bersani im Abgeordnetenhaus auf eine stabile Mehrheit bauen, denn die Partei mit den meisten Stimmen erhält hier automatisch eine absolute Mehrheit. Allerdings kann er damit nicht wirklich etwas anfangen, denn die notwendige Mehrheit im Senat konnte  er nicht erreichen.

Patt-Situation im Senat

In Italien setzt eine erfolgreiche Regierungsbildung jedoch auch eine Mehrheit im Senat voraus. In dieser Parlamentskammer wird die Verteilung der Sitze nach den Mehrheitsverhältnissen in den einzelnen Regionen des Landes entschieden und hier hat leider (aus europäischer Sicht) Herr Berlusconi die Nase vorn.

Die Regierungsbildung wird schwierig

Beppe Grillo lehnt mit seiner Protestbewegung jegliche Koalitionsverhandlungen ab. Ein „Techtelmechtel“ mit den etablierten Parteien kommt für ihn keinesfalls in Frage,  und er erklärt diesen geradezu den Krieg.

Der mit Bersani verbündete Linkspolitiker Nichi Vendola von der Partei „Linke-Ökologie-Freiheit“ (SEL) wird sich seinerseits gegen Koalitionsgespräche mit Berlusconi aussprechen, so dass die Situation als verfahren gilt. Staatspräsident Napolitano kann dem Politiker, dem er die besten Chancen für eine mehrheitsfähige Regierungsbildung zubilligt, einen entsprechenden Auftrag erteilen oder Neuwahlen ausschreiben. Hinter den Kulissen wird die Diplomatie nun versuchen, tragfähige Koalitionen zu schmieden, wobei die Aussicht auf Erfolg eher bescheiden sein sollte.

Die Kapitalmärkte schalten in den „Risk-Off“ Modus

Das unerwartete Ergebnis des italienischen Urnengangs hat die Risikoprämie in der Eurozone wieder deutlich erhöht. Die Aktienmärkte haben auf breiter Front Kursrückgänge hinnehmen müssen. Die Renditen italienischer Anleihen sind deutlich gestiegen, während die „sicheren Häfen“ Bundesanleihen und US-Staatsanleihen mit Kursgewinnen (Renditerückgängen) reagierten.

Fazit:

So lange keine tragfähige und reformwillige Regierung in Italien gebildet werden kann, werden die Kapitalmärkte mit einer gewissen Nervosität reagieren.

Hans Heimburger ist Gesellschafter und Geschäftsführer der Gies und Heimburger GmbH und der CIO (Chief Investment Officer) für die 3ik-Strategiefonds.